Norwegischer Verdienstorden für Hauke Lange-Fuchs
Dem Skandinavien-Filmexperten und unermüdlichen Förderer des skandinavischen Kinder- und Jugendfilms, Hauke Lange-Fuchs aus Kiel, wurde eine hohe Ehrung zuteil. Ihm wurde der Königlich-Norwegische Verdienstorden verliehen und damit zum Ritter 1. Klasse ernannt. Diese hohe Ehrung für einen Deutschen übergab der Botschaftsrat für Kultur, Frode Solberg, in der Norwegischen Botschaft, Berlin: “Ohne seine Arbeit wären viele norwegische Filme dem deutschen Publikum nicht zugänglich geworden”. Solberg lobte darüber hinaus in einer Feierstunde mit geladenen Gästen, zu der neben Filmfreunden auch Mitglieder des norwegischen Parlamentes (Storting) zählten, sein außergewöhnliches Interesse und sein großes Engagement für den norwegischen Film in Deutschland. Er hob besonders die Mittlerrolle von Hauke Lange-Fuchs zwischen Norwegen und Deutschland heraus.
Viele, die diese Zeilen lesen, kennen unseren neuen Ritter aus nächster Nähe, als Künstlerischen Leiter des Kinder- und Jugendfilmprogramms und der Retrospektive der Nordischen Filmtage Lübeck. Sparten, die er dem Festival-Publikum als Moderator präsentierte und dabei die jeweilig eingeladenen Filmemacher wie selbstverständlich in Schwedisch, Dänisch, Norwegisch und Englisch (wenn es sich um Finnen handelte), vorstellte und interviewte.
Ein kleiner Steckbrief
Mit seinem Studium der Rechtswissenschaften war der junge Student offenbar nicht richtig ausgelastet und belegte zusätzlich zum Hauptfach noch Politikwissenschaften, Schwedisch sowie verschiedene Filmseminare. Bereits 1956 lernte er erstmals während einer dieser Film-Seminare an der Universität Kiel alle damals bedeutenden Filmemacher aus den nordischen Ländern kennen und schrieb für die Kieler Nachrichten Filmkritiken. Die Antwort auf die Frage, wie man Mitglied im Leitungsteam der Nordischen Filmtage Lübeck wird, ergibt sich fast von selbst.
Hauke Lange-Fuchs: Der Skandinavien-Film-Experte
Unser Jurist und Filmenthusiast machte sich nicht nur um den norwegischen Film verdient, sondern setzte sich mit der gesamten skandinavischen Filmgeschichte, von der Stummfilmzeit an, auseinander. Er sichtete tausende Filme bei unterschiedlichsten Festivals und wirkte in unzähligen Gremiensitzungen, um Filme für die Nordischen Filmtage Lübeck auszuwählen.
Er machte zudem in nicht zu zählenden Veröffentlichungen jahrzehntelang auf den skandinavischen Film in Deutschland aufmerksam. Die Suchmaschine Google erschließt mit seinem Namen über 1800 Ergebnisse. Dazu gehören besonders die Vorstellung verschiedener Regisseure und ihrer Filme, Abhandlungen zu unterschiedlichsten Themen, speziell im Kinder- und Jugendfilmbereich, u.a. in Veröffentlichungen des Bundesverbandes Jugend und Film, des Kinder- und Jugendfilmzentrums (KJF), der LAG Jugend und Film Schleswig Holstein, in Aufsätzen der “Kinder- und Jugendfilmkorrespondenz”. Über 25 Jahre lang veröffentlichte er in Zusammenarbeit mit Linde Fröhlich, der Festival-Leiterin der NFT Lübeck, die einzig umfassende und kontinuierliche Darstellung des skandinavischen Kinder- und Jugendfilms im deutschsprachigen Raum. Zu den Retrospektiven der Nordischen Filmtage Lübeck gab Lange-Fuchs im Rahmen der Publikationen des Kulturbüros der Hansestadt Lübeck knapp 30 Bände heraus, 10 dieser aufwändigen Dokumentationen mit eigenen Aufsätzen und Texten. Zuletzt entstand in dieser Reihe für die 50. Nordischen Filmtage Lübeck die Schrift: “Illustration, lebendig und schön, Selma Lagerlöf und der Film”. Renommierte Verlage gewannen den Skandinavienfilm-Kenner für Veröffentlichungen: Der Henschelverlag für: “Film in Skandinavien”, in Zusammenarbeit mit Michael Lachmann; der Heyne-Verlag für: “Ingmar Bergman – seine Filme und Leben”; der Roloff-Seßlen-Verlag für: “Pat und Patachon”.
Wer sich diese Liste der Veröffentlichungen genauer betrachtet, muss unwillkürlich fragen: Wann hat er nur dies alles recherchiert, geschrieben, die notwendigen Vorarbeiten geleistet – verdiente er sein Geld nicht mit der Juristerei?
Hinter seinen Veröffentlichungen steht ein sehr diszipliniertes Arbeiten, hervorragend organisiert, aber auch ein Kräfte zehrendes Arbeitspensum, häufig bis spät in die Nacht. Sein größtes Problem bestand immer darin, die Berufspflicht gegenüber seinen Mandanten, wie die Beschäftigung mit Fragen und Problemen zum Kommunalrecht oder der Vorbereitung für Gerichtstermine, zu vereinbaren mit dem Drang, neue Filme zu sehen, zu Festivals zu fahren, an Filmtagungen teilzunehmen, an Veröffentlichungen zu arbeiten.
Der Entdecker des skandinavischen Kinder- und Jugendfilms
In der Auseinandersetzung mit dem skandinavischen Film kommt ihm noch ein weitere Verdienst zu: Er ist Vater der Kinder- und Jugendfilmsparte und gleichzeitig Initiator des Begleit-Seminars der Nordischen Filmtage Lübeck.
Mit der Übernahme des Amtes als Künstlerischer Leiter 1978 startete er eine im Jahr des Kindes von der Bürgerschaft der Hansestadt angeregte Initiative, die sich bis heute auswirkt und als ausgesprochen nachhaltig erwiesen hat: Die Entdeckung des skandinavischen Kinder- und Jugendfilms für den deutschsprachigen Filmverleih und damit für die Kinder- und Jugendfilmarbeit in Deutschland.
Er sei nicht allein für diese Entdeckung verantwortlich, schränkt er in seiner typisch zurückhaltenden Art ein und hebt hervor, dass mindestens eine “handvoll Personen und Institutionen” zu dieser Entwicklung entscheidende Impulse gegeben hätten. Gleichzeitig mit dem Start der neuen skandinavischen Kinder- und Jugendfilmreihe veranlasste er die damalige Bundesarbeitsgemeinschaft für Jugendfilmarbeit und Medienerziehung (heute BJF), ein Begleit-Seminar zu den NFT Lübeck anzubieten. Dieses Begleitseminar lockte schnell bis zu 100 Teilnehmende an – ab 1990 aus ganz Deutschland – und trug ebenfalls dazu bei, “die Rose zu entdecken, die nun nicht mehr im Verborgenem blühen musste”.
Als langjähriger Weggefährte ziehe ich vor seiner Leistung meinen Hut und erkläre ihn nach der Ernennung zum norwegischen Ritter 1. Klasse, sicher auch im Namen vieler Filmfreunde: zum Botschafter des skandinavischen Films. (Ulrich Ehlers)