57. Internationale Filmfestspiele Berlin – Berlinale 2007
Meisterwerke von Okamoto Kihachi im Forum
Mit neun Filmklassikern von Okamoto Kichachi aus den 50er und 60er Jahren widmet das Forum erneut einem japanischen Altmeister ein eigenes Programm. Okamoto (1924-2005), einer der Wegbereiter des neuen japanischen Kinos, blieb international weit gehend unbekannt. Neben seinen herausragenden Samurai- und Gangsterfilmen drehte er vor allem moderne Kriegsfilme.
Wie viele andere seiner Generation durch die Erfahrungen des Zweiten Weltkriegs nachhaltig geprägt, zieht sich die Auseinandersetzung mit Gewalt und Konflikten durch große Teile seines filmischen Schaffens. Die stilistische Bandbreite Okamotos reicht dabei von monumentalen Auftragswerken bis hin zu eigenwilligen Low-Budget-Produktionen, von ernsthaften Historiendramen über rasante Action bis hin zu Komödien mit Musicalanklängen. Als großer John Ford-Fan baute Okamoto zudem Westernelemente in nahezu alle seine Filme ein. Die oftmals humorvollen Geschichten, die atemberaubende Kameraarbeit sowie die schnelle und rhythmische Montage genießen bis heute Kultstatus als so genannter „Kihachi Touch“.
Nach Kriegsende arbeitete Okamoto zunächst als Regieassistent innerhalb der Toho-Studios, bevor er ab 1958 eigene Filme in diesem Rahmen verwirklichen konnte. Später realisierte er auch unabhängige Produktionen und gründete 1974 seine eigene Produktionsfirma “Kihachi Productions”. Sein gesamtes Werk umfasst 39 Filme. Das Forum zeigt eine Auswahl von neun Filmen aus der frühen und mittleren Schaffensperiode Okamotos, die im Rahmen einer Retrospektive des Tokyo-Filmex-Festival 2006 zu sehen waren. Okamotos Ehefrau Minako, die einige seiner Filme produzierte, wird die Reihe gemeinsam mit Mitarbeitern des Regisseurs in Berlin präsentieren.
In der Actiongroteske Desperado Outpost (Dokuritsu gurentai, 1959) verlegt Okamoto einen Westernplot an die Kriegsfront der Mandschurei im Zweiten Weltkrieg, um die Funktionsweise von Kriegen zu entlarven. The Last Gunfight (Ankokugai taiketsu, 1960) erzählt unterhaltsam die Geschichte eines Detektivs, der zwischen die Fronten zweier mächtiger Gangster-Clans gerät. Procurer of Hell (Jigoku no utage, 1961) ist ein stilvoller „Film noir“, in dem ein eleganter Kleinganove und eine Femme fatale glänzen. The Elegant Life of Mr. Everyman (Eburiman shi no yuga na seikatsu, 1963) porträtiert das Alltagsleben eines einfachen Büroangestellten, der sein Leben zu einem Roman umschreibt. Gewagte Schnitte und animierte Passagen machen diese Komödie zu einem Meisterwerk des „Kihachi Touch“.
Mit Sword of Doom (Daibosatsu toge, 1965) gelang Okamoto eine formvollendete Neuverfilmung des gleichnamigen Romans über einen kaltblütig tötenden, herrenlosen Samurai, den schließlich doch die Geister seiner Vergangenheit einholen. Mit seinen großartigen Kampfszenen ein Muss für alle Fans von Samuraifilmen.
Das monumentale historische Drama The Emperor and a General (Nihon no ichiban nagai hi, 1967) rekonstruiert die Ereignisse des „längsten Tags von Japan“, des 15. August 1945, an dessen Ende der Kaiser die Kapitulation bekannt gab. Regierungsinterne Loyalitätskonflikte und ein versuchter Staatsstreich gehen der Radioansprache voraus. Ebenfalls ein Antikriegsfilm, jedoch gänzlich anders als die teure Toho-Auftragsproduktion, entstand nur ein Jahr später der satirisch-poetische Low-Budget-Film Human Bullet (Nikudan, 1968): Ein junger Soldat wird in Kamikaze-Mission als „menschliches Geschoss“ gegen ein US-Schiff eingesetzt und reflektiert währenddessen seine kurze Jugend.
Kill (Kiru, 1968), ein amüsantes Schwertkampfdrama, schildert die Begegnung und Allianz eines gescheiterten Samurais und eines jungen ambitionierten Bauern und ist dabei eine kritische Reflexion über den Samuraikodex und die Gesellschaftsordnung. Der Kostümfilm Red Lion (Akage, 1969) erzählt von den revolutionären Ambitionen des tragikomischen Protagonisten – gespielt vom glänzenden Toshiro Mifune, der in insgesamt acht von Okamotos Filmen zu sehen ist.
Das Programm wird unterstützt durch das National Film Center Tokyo, das neue, englisch untertitelte Kopien beisteuert, die Japan Foundation, Tokyo Filmex und die Deutsche Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen in Berlin.
Die Reihe wird im Anschluss an die Berlinale im Kino Arsenal wiederholt.
(nach einer Pressemitteilung der Berlinale)