12. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide 2008

Cineastisches Fenster zur Welt

Partnerfestival „Message To Man“ aus St. Petersburg

Im Einklang mit dem Schleswig-Holstein-Musikfestival-Länderschwerpunkt „Russland“ war in diesem Jahr das Filmfestival „Message To Man“ mit einer internationalen Kurzfilmauswahl zu Gast auf der Augenweide.

1988 in St. Petersburg als reines Dokumentarfilmfestival gegründet, weitete „Message To Man“ seinen internationalen Wettbewerb ab 1994 auf die Kategorien Kurzfilm und Animationsfilm aus. Olga Vysotskaya, eine der Festivalkoordinatorinnen, begrüßte die Augenweide-Besucher mit erklärenden Worten zur Historie und Haltung des Festivals. Wie das im Jahr zuvor gastierende ungarische Mediawave-Festival entsprang auch das St. Petersburger Festival dem Bedürfnis, nach der politischen Wende in der Sowjetunion ein Fenster zur Welt aufzustoßen. Die namensgebende Botschaft des Festivals an die Manschen formulierte Olga Vysotskaya sympathisch-direkt und idealistisch als den „Alle verbindenden Dreiklang von Glaube, Liebe und Hoffnung, transportiert in der universellen Sprache des Films“.

Die Geschichte einer unverhofften Romanze an einem außergewöhnlich unromantischen Ort machte passender Weise den Anfang eines Querschnitts durch das letztjährige Programm des Festivals. „Lavatory Lovestory“ (RUS 2006) ist ein bezaubernder klassischer Animationsfilm der „klaren Linie“ des Russen Konstantin Bronzit. In bester Tradition der beliebten, reduzierten, osteuropäischen Zeichentrickkunst erzählt Bronzit die Lovestory einer von Liebessehnsucht erfüllten Klofrau, deren Berufsalltag durch die Blumensträuße eines heimlichen Verehrers gehörig durcheinander gerät.

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Die Idee eines Trainee-Programmes nimmt Craig Rosenthal in „Trainee“ (Singapore 2006), wörtlich und lässt seinen Ladenräuber zunächst mal kläglich scheitern: Kein Geld im Safe des kleinen Drugstore. Also wechselt er auf die andere Seite des Tresens und kassiert erstmal von den Kunden, muss aber auch das alltägliche Leid eines Verkäufers durchleben, bis endlich genug Cash in der Kasse ist. Doch damit ist seine „Ausbildung“ noch nicht ganz abgeschlossen …

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Ein paar strahlend-weiße Bettlaken genügen einer Tango-begeisterten Wäscherin als Hintergrund für eine kurze Alltagsflucht mit einem imaginären Romeo. Die kurze, filmische Phantasie „Tango Camissa“ von Saida Kurpesheva (RUS 2006), kompetent in traumhaftem Schwarz-Weiß gefilmt und im beschwingten Rhythmus geschnitten, bildet den Abschluss, der eher leichten Filme des Auswahlprogramms.

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Alles andere als „Sanft“ (Simon Ellis, GB 2006) springen eine Gruppe randalierender Jugendlicher mit ihrem Mitschüler um. Wie der Zufall es will, wird auch der allein erziehende Vater von der Bande aufgemischt. Als die Gang schließlich vorm Reihenhaus anfängt, Vater und Sohn zu terrorisieren, müssen sie sich nicht nur ihre Hilflosigkeit gestehen, sondern auch einen Ausweg aus der Belagerung finden. Der erfolgreiche Kurzfilmer Simon Ellis verdichtet die Geschichte zu einer klugen Parabel auf Gewalt und Gegengewalt und beleuchtet gleichzeitig auch die Rolle der neuen Tools und Medien, Handy und YouTube, im urbanen Jugendmilieu.

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Welche absurden Schlüsse aus nicht-hinterfragten moralischen Werten gezogen werden können und welche fatalen Folgen das haben kann, zeigt das „Das T-Shirt“ von Hossein Martin Fazeli (Tschechien 2006). In einem Tante Emma-Laden irgendwo in Ost-Europa provozieren ein Nietzsche-Zitat und die amerikanische Flagge zum Showdown zwischen bibelfestem Kunden und liberalem Verkäufer.

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Mit einem halbstündigem Dokumentarfilm schloss das Gastprogramm: „Ohne Angst“ von Svetlana Fedorova (RUS 2006) beobachtet das kurze Treffen eines jungen russischen Paares. Vor drei Jahren haben sie sich im Streit getrennt, nachdem sie sich gegenseitig und wissentlich mit dem HIV-Virus infizierten.

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Die unterschiedlichen Lebenshaltungen der beiden reichen von abgeklärtem Zweckoptimismus bis zur offen ausgesprochenen Angst vor dem Sterben. Während des kurzen Zusammentreffens gelingt es Fedorova, die Masken ihrer Protagonisten Schicht für Schicht herunter zu reißen und ihre Verzweiflung und den Lebenshunger angesichts der tödlichen Infektion spürbar zu machen. (dakro)

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