Satirischer Seitenhieb auf den Filmbetrieb
„Inselaffen – eine Kinomär“ (D 2008, Christoph Dobbitsch)
Es ist nicht unbedingt eine gute Idee, wenn Autoren übers Schreiben schreiben, und genauso wenig ist es eine gute Idee, wenn Filmemacher Filme übers (Nicht-) Filmen machen – meint man gemeinhin. Doch Christoph Dobbitsch ist mit seinen „Inselaffen – eine Kinomär“ ein vergnüglicher Gegenbeweis gelungen, selbst wenn dieser autobiografische Züge trägt.
Sandra (Luzie Buck) kommt von einer Insel im schleswig-holsteinischen Wattenmeer, weit entfernt von den ohnehin kärglich gefüllten Töpfen der Filmförderer im Lande – hier jedenfalls kommt gar nichts mehr an. Aber auch weit entfernt von deren Interesse an ihrem Projekt, einen experimentellen Film über das Filmen, untermalt von einem Bowie-Song, zu machen. Im Land zwischen den Meeren empfehlen schmierige Produzenten, einen maritimen Dokumentarfilm über Mollusken zu drehen, sowas komme an, werde zumindest gefördert. Oder dem Regisseur Schmidtbauer (grandios besetzt: Herbert Feuerstein) zu folgen, der auf die Frage Sandras, ob er nicht immer dasselbe drehe, mit einem trotzig einsilbigen „Ja“ antwortet. Oder wie die Produzenten meinen: „Film braucht nicht revolutionär zu sein, nur nicht devolutionär.“ Kurzum: Sandra kriegt kein Bein an Deck zwischen überforderten Förderern und einem Establishment, das sich die Mär des Bewährten auf die Filmspulen geschrieben hat.
Was man Dobbitsch vorhalten muss: Das ist vom Drehbuch her einfach keine Geschichte, eher ein Sketch, das hat zu wenige Wendepunkte, ist zu eindimensional und am Ende einfach zu offen für ein offenes Ende – in einer Traumsequenz sieht Sandra ihren Film dann doch noch auf der Leinwand. Dennoch ist ein humorvoller, satirischer Film heraus gekommen, der besonders von der Leistung der Darsteller und einer handwerklich soliden Bildgestaltung (Torben Sachert) getragen wird. Und wenn lebende Personen „aus dem Geschäft“ kaum eine Ähnlichkeit zu sich entdecken wollen, dann hat Tom Keller den zwischen Telefonaten hin und her gerissenen örtlichen Filmförderer genauso perfekt getroffen wie Herbert Feuerstein den beratungsresistenten weil erfolgreichen Filmregisseur aus der Filmbrache zwischen den zwei Meeren.
Nach „BedHead“ und „Fliegenfänger“, zwei eher traumhaft surrealen Kurzfilmen, betritt Christoph Dobbitsch hier das engere Terrain der Satire – und entdeckt dort doch kafkaeske Szenen einer Traumfabrik, die an der realistischen Verwaltung ihrer Träume scheitert. Insofern eine schöne Parabel auf das „Hollywood“ zwischen Nord- und Ostsee. Unbedingt sehenswert als Zwischenruf eines Filmemachers, dessen bei der Filmförderung abgelehntes größeres Projekt der Auslöser für diese „Retourkutsche“ gewesen sein mag, der aber zeigt, wie man im abseitigen Kleinen große filmische Schritte voran machen kann. (jm, Fotos: Andrea Segelbach)
„Inselaffen“ ist im Juli und August in diversen Kieler Kinos zu sehen. Die Vorstellungen werden von einem ständig wechselnden, ausgewählten Kurzfilmvorprogramm aus Kieler Kameras begleitet:
- 17. Juli, 20.30 Uhr, KoKi in der Pumpe
Vorprogramm: „Making of Verlangen der Unschuld“, „Making of Verlangen des Schickals“, „Making of Inselaffen“ - 17. August, 15 Uhr, Traum-Kino
Vorprogramm: „BedHead“, „Fliegenfänger“, Vorstellung der Inselaffen-DVD, Eintritt frei! - 22. August, 20 Uhr, Cinemaxx
Vorprogramm: eine Auswahl an preisgekrönten Schleswig-Holsteinischen Kurzfilmen
„Inselaffen – eine Kinomär“, D 2008, 20 Min., Regie: Christoph Dobbitsch, Kamera: Torben Sachert, Darsteller: Luzie Buck, Tom Keller, Dennis Hoppe, Carsten Fimm, Jessica Zang, Siegfried Jacobs und Herbert Feuerstein. Gefördert von der LAG Jugend und Film und der Stadt Kiel. Trailer: www.youtube.com/watch?v=JpuDd0EhluY