Schmalfilmschätze, schlummernd im Schnee

Die Kieler Filmemacher Gerald Grote und Claus Oppermann spüren dem „Schnee von gestern“ nach.

Jahreswende 1978/79, die Tiefdruckgebiete hatten noch keine Namen, aber Schnee brachten sie dennoch so viel wie zuvor höchstens nach Sibirien. Schleswig-Holstein versank darin. Die Kieler Filmemacher Gerald Grote und Claus Oppermann graben nun nicht in Schneeverwehungen von gestern, sondern in Schubladen nach Super-8-Material vom Jahrhundertwinter.

„Da schlummern Schätze“, ist sich Grote sicher. Bereits bei ihrer Super-8-Filmcollage „8mm Kieler Woche“, die zu deren 125. Geburtstag 2007 erschien, waren Grote und Oppermann beim Schnüffeln in den Schubladen von Kieler und schleswig-holsteiner Schmalfilmamateuren mehr als fündig geworden. Die Schmalfilmer, die die Kieler Woche auf Super-8 gebannt hatten, wiesen sie schon auf das nächste Thema hin: Zur Schnnekatastrophe hätten sie auch noch einiges auf der Rolle. Die Idee zum Filmprojekt „Schnee von gestern“ war geboren – zudem wiederum mit einem „Jubiläum“ verbunden. Der Film, an dem Grote/Oppermann jetzt arbeiten und für den sie um möglichst zahlreiche Einsendungen von Filmamateuren im ganzen Land bitten, soll Ende 2008, pünktlich zum 30. Jahrestag des legendären Unwetters, Premiere haben.

Das Thema ist plakativ, nicht weniger der wortspielerische Titel. Dennoch geht es Grote und Oppermann nicht darum, dem zahlreichen TV-Material von schleswig-holsteinischen „Großereignissen“ noch die x-te Doku hinzuzufügen. Schon als Kind, so Grote, habe er sich bei historischen Dokumentationen immer gefragt: „Wer waren eigentlich die Menschen, die das gemacht haben, die damals lebten?“ „Oral History“ oder „Geschichte von unten“ sind die Stichworte – oder wie Grote/Oppermann es im Untertitel zum geplanten „Schnee von gestern“ formulieren: „Der persönliche Blick auf eine Katastrophe“. Filmgeschichte werde nämlich nicht nur in Hollywood oder von Blockbustern geschrieben, vor allem finde sie in der „Breite der vielen Beobachter“ statt.

Beim Kieler-Woche-Film boten sich so schon besondere Einblicke, noch mehr „persönlichen Blick“ erwarten sich Grote/Oppermann von dem in den Schnee. „Anders als bei der Kieler Woche“, so erläutert Grote, „wo viele Kameras wenn auch aus persönlicher Perspektive auf dasselbe Ereignis gerichtet waren, waren Schmalfilmer bei der Schneekatastrophe oft die einzigen, exklusiven Zeitzeugen. Jedes Wackeln der Kamera war da Zittern vor Aufregung und Kälte“, schwärmt Grote in Erwartung „besonders authentischer Aufnahmen“.

Den beiden Filmesammlern geht es auch um die Rettung einer „Mediengeschichte“. Der Super-8-Film ist zumindest im Amateurkino heute ausgestorben, abgelöst vom schnellen, aber, so Grote, „die eigenen Aufnahmen ob der einfachen Herstellbarkeit auch weniger schätzenden“ Digitalfilmen. Gleichwohl seien zu den Hochzeiten von Super-8 Ende der 70er Jahre allein vom Hersteller Kodak in Deutschland 24 Millionen Super-8-Kassetten verkauft worden. Zählt man die anderen Filmmaterialanbieter hinzu, kommt man auf rund 150 Millionen Minuten Filmmaterial aus dem privaten Blickwinkel. „An das Material wollen wir ran, das wollen wir vor dem Vergessen retten“, sagt Grote.

Der „Schnee von gestern“ soll also auch einer für morgen sein, aufbewahrt und wiedergefunden. Nachdem Anfang des Jahres bereits ein Aufruf zur Filmeinsendung im „Kieler Express“ erschien, können sich die Filmemacher vor Schneefilm-Angeboten kaum retten. „Aber wir brauchen mehr, wir brauchen die ganze Breite des filmischen Schneetreibens“, wortspielt Grote. (jm)

Kontakt: clausoppermann@gmx.de

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