Mediatage Nord 2007
Digitale Welten: Trends und neue Geschäftsmodelle
Wie sehen die digitalen Welten in zehn Jahren aus? Diese Frage beantwortete Sven Gábor Jánsky den Zuhörern beim WTSH-Thementag auf den Mediatagen Nord 2007. Das Bild, das er entwarf, war faszinierend und etwas unheimlich zugleich: Avatare, unsere künstlichen Alter Egos, werden unser Leben im Jahr 2017 auf Schritt und Tritt begleiten – allerdings in Räumen, die uns selbst körperlich nicht zugänglich sind. Sie werden sich für uns auf die Suche nach Informationen im World Wide Web machen, sie werden sich dort mit anderen Avataren treffen, sich austauschen und womöglich sogar Geschäfte abschließen. Jánsky ist Geschäftsführer der forward2business Büro GmbH, dem Büro für Zukunftsmodelle der Entertainmentbranche.
Der Badezimmerspiegel, in dem wir während des Zähneputzens ein eigens auf uns zugeschnittenes Fernsehprogramm oder die Börsenkurse verfolgen können, Tapeten, die leuchten und ihre Farben nach Wunsch wechseln, Konferenzen, an denen wir in Gestalt von Avataren teilnehmen – das alles ist technisch bereits realisierbar, wie Jánsky berichtete. „Virtuelle Welten setzen sich überall dort durch, wo sie die Realität sinnvoll ergänzen“, so Jánsky.
Wie eine solche sinnvolle Ergänzung unseres Alltags durch neue, digitale Technologien aussehen kann, erläuterte Dirk van Loh, Geschäftsführer der auf Radiowerbung spezialisierten MACH 3 Marketing GmbH & Co. KG und PSR-Mediengruppe. Derzeit beschäftigt sich die Gruppe mit der Frage, mit welchen Geschäftsmodellen sie der Verbreitung von Radioinhalten über das Internet begegnen kann. „Wir haben es bereits heute mit 2.500 Internetradio-Streams zu tun“, so van Loh. Der Konsument werde zum Prosumenten, also bediene sich nicht nur im Netz, sondern stelle auch selbst Inhalte bereit. Für Werbetreibende werde es immer schwieriger, ihre Zielgruppen über nur wenige Kanäle anzusprechen, die Mediaplanung werde komplizierter, die Kosten für die Werbemaßnahmen stiegen. Aber Unternehmen reagierten auf die Veränderung in der Medienlandschaft bereits, indem sie um ihre Produkte herum eigene Internet-Radioangebote aufbauten. „Corporate Broadcast“ nennt van Loh die Idee, mit denen Jägermeister oder Bacardi Rum im Netz „auf Sendung gehen“.
Einen Weg, Informationen im Internet zu ordnen, zeigte Prof. Klaus Greve von der Universität Bonn auf. „Karten sind die Ordnungsmittel für die virtuelle Welt des Wissens“, berichtete er. Damit erkläre sich auch der Boom der „Neogeography“, den Anbieter wie Google Earth, Nasa Worldwind oder Yahoo Maps seit dem Jahr 2000 im Internet mit ihren auf Karten und Satellitenbildern basierenden Informationssystemen eingeleitet haben. Denn Karten eignen sich besonders dazu, mit weitergehenden Informationen verknüpft zu werden: Die Koordinaten können zum Beispiel mit Sehenswürdigkeiten, Wetterberichten, Restauranttipps oder Videoclips verbunden werden und so den Usern den Zugang zu diesen Informationen erleichtern. „Das Wertschöpfungspotenzial der Neogeography ist beträchtlich, es wird bislang nur begrenzt aktiviert“, so Greve.
Dass Deutschland im internationalen Vergleich bei den Informations- und Kommunikationstechnologien noch deutlich zurück liegt, erläuterte Karsten Gareis von der empirica Gesellschaft für Kommunikations- und Technologieforschung GmbH in seinem Vortrag. Dabei verbessern diese Technologien insbesondere die Wettbewerbsfähigkeit entlang der Wertschöpfungskette. Denn mittlerweile entscheidet nicht mehr ein einzelnes Unternehmen, ob ein Produkt sich am Markt behaupten kann, sondern das Zusammenspiel vieler Unternehmen, vom Systemanbieter bis zum Hersteller des Endproduktes. „Unternehmen müssen ihre Anpassungsfähigkeit trainieren“, erklärte Gareis. Es gelte, neue Technologien im Auge zu behalten und Innovationen firmenübergreifend voranzutreiben.
(nach einer Pressemitteilung der Mediatage Nord)