Premiere: „Zuneigung – Die Filmemacherin Gisela Tuchtenhagen“ von Quinka Stoehr
Am 11. März, 20.30 Uhr im Kieler KoKi (Wdh. am 13. März, 20.30 Uhr) hat der Dokumentarfilm „Zuneigung – Die Filmemacherin Gisela Tuchtenhagen“ von der Kieler Filmemacherin Quinka Stoehr seine öffentliche Filmteam-Premiere.
Warmherzige Annäherung
„Ich werde immer ein leiser Mensch bleiben. Das bin ich einfach“, sagt Gisela Tuchtenhagen. So leise und sensibel wie sie selbst ist auch das filmische Porträt, das Quinka F. Stoehr von der Dokumentarfilmerin gezeichnet hat: „Zuneigung – die Filmemacherin Gisela Tuchtenhagen“ ist ein intimes dokumentarisches Künstlerinnenportrait über eine außergewöhnliche Frau und Dokumentaristin: Gisela Tuchtenhagen, geboren 1943, gehört zur ersten Generation von deutschen Filmemacherinnen und Kamerafrauen der Nachkriegszeit. Heute blickt sie auf ein umfangreiches Œuvre von vielfach preisgekrönten dokumentarischen Arbeiten zurück – unter anderem „Heimkinder“ (1984-1986), „Donnerstag Nachmittag“ (2005) oder die Kameraarbeit für Katja Baumgartens viel diskutierten Film „Mein kleines Kind“ (2001).
„Zuneigung“ ist kein Film über das Filmemachen und auch nicht die lineare Nacherzählung einer Biografie. Quinka Stoehrs Porträt ist vielmehr eine sehr komplex geratene, warmherzige Annäherung an das wechselvolle Leben einer lebensklugen Frau, deren Haltung zum Leben sich in ihrer Handschrift als Filmemacherin spiegelt. Kunstvoll verschränkt die Regisseurin Gesprächsszenen und Aufnahmen aus der Gegenwart mit Filmzitaten und Bildern, die die Dokumentarfilmerin bei der Arbeit zeigen. Dazwischen verweisen Tagebuchaufzeichnungen auf bedrückende Jugendjahre. Als Kind war Gisela Tuchtenhagen nach der Trennung ihrer Eltern von der Mutter in ein streng geführtes Erziehungsheim gesteckt worden, von wo sie sich nach wiederholten Fluchtversuchen schließlich nach Paris absetzte – eine Stadt in einem fremden Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte. Das innere Aufbegehren von damals, hat Tuchtenhagen in positive Energie umgemünzt. „Dass ich die Ausdrucksmittel Fotografie und Film gefunden habe, hat mich überleben lassen“, sagt sie – ein großer Satz, der im Schweigen nachklingt. Quinka Stoehr lässt diese Pausen zu – starke Momente, in denen die Kamera auf dem Gesicht ihres Gegenübers ruht, das in solchen Augenblicken mehr offenbart als tausend Worte.
Biografischer Ort Paris: Quinka Stoehr (l.) und Gisela Tuchtenhagen (Foto: Volker Tittel)
In Gesprächen mit der Regisseurin erinnert sich die Filmemacherin an dunkle wie an lichte Jahre und begibt sich auf Spurensuche in die Vergangenheit: In Paris besucht sie den Sohn ihrer ersten großen Liebe, die mit einem Selbstmordversuch endete, in Hamburg trifft sie ihren ehemaligen Dozenten an der Filmakademie und späteren Arbeits- und Lebensgefährten Klaus Wildenhahn. Vor der Kamera blicken beide zurück auf den beruflich wie privat gemeinsam gegangenen Weg. Das Scheitern der Beziehung erklärt sie so: „Ich glaube, dass er nicht ertragen konnte, dass ich noch so viel zu entwickeln hatte.“ Sie ist ihren eigenen Weg gegangen, drehte eigene Filme, adoptierte zwei Jungen aus einem Waisenhaus in Peru. „Ich habe mich so akzeptiert wie ich bin und meinen Ausdruck gefunden – meine Filme gemacht, meine Kinder sind auch ein Ausdruck von mir“, sagt Gisela Tuchtenhagen und „ich habe genug Ausdruck.“ Der Film Zuneigung liefert dafür den eindrucksvollen Beweis. (Sabine Tholund)
Zuneigung – Die Filmemacherin Gisela Tuchtenhagen. Dokumentarfilm von Quinka F. Stoehr. 84 Min., D 2006. Gefördert von: Hamburger Filmbüro, Kulturelle Filmförderung S.-H., MSH, Nordmedia fonds Niedersachsen und Bremen. Produktion: StoehrMedien mit ZDF/3sat. Redaktion: Inge Classen, Katya Mader. Kamera: Volker Tittel, BVK. Montage: Margot Neubert-Maric. Dramaturgie: Gabriele Kotte.
Interview mit Quinka Stoehr über ihren Dokumentarfilm „Zuneigung“