56. Internationale Filmfestspiele Berlin – Berlinale 2006

Lächelnde Seebären

Beim schleswig-holsteinischen Filmbrunch „Küstenvolk auf der Berlinale“ wurden C. Cay Wesnigk und Lars Jessen mit dem „Seebären“ ausgezeichnet.

Einen Traum hatte Axel Milberg, aka Kieler Tatort-Kommissar Borowski, als er im Flieger zum gemeinsam von der schleswig-holsteinischen Landesregierung, der Kulturellen Filmförderung S.-H. und der MSH bereits zum vierten Mal ausgerichteten Filmbrunch „Küstenvolk auf der Berlinale“ saß: Die 16 Bundesländer drängelten sich als Personen am Berlinale-Boulevard, das freche Berlin, das kühl-hanseatische Hamburg … „und ganz hinten in der Ecke stand ein kleines Mädchen mit strähnigen Haaren“. „Wer bist du denn?“, fragte Milberg im Traum – und wir ahnen: es ist das kleine Schleswig-Holstein, „aber die Schönste von allen“.

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Axel Milberg

Ein schönes Bild hat Milberg da gefunden, denn das Filmland Schleswig-Holstein stellt sich gerne mal hinten an, schließlich sei es ja nicht Hollywood. Die Furcht vor der eigenen Provinzialität sitzt immer noch tief. Grund dafür gibt es freilich kaum, wie Ministerpäsident Peter Harry Carstensen vor rund 300 Gästen aus der Film- und Medienbranche aber auch aus der Landespolitik feststellte. Er würdigte die „herausragenden Leistungen der MSH und des Vereins Kulturelle Filmförderung für den Film in Schleswig-Holstein“. Mit Unterstützung der MSH habe beispielsweise der Filmemacher Wilfried Hauke seinen Film zum 50. Todestag von Emil Nolde im April produzieren können. Der Dokumentarfilm „Mañana al Mar“ von Ines Thomsen, der im Januar beim wichtigsten deutschen Nachwuchsfestival den Max-Ophüls-Dokumentarfilmpreis erhalten habe, sei von der Kulturellen Filmförderung unterstützt worden. Zwei Beispiele für erfolgreiche Filmförderung. „Film ist Kultur, Film vermittelt Kulturen, aber er ist auch ein faszinierendes Geschäft, Kulturwirtschaft im schönsten Sinne“, wusste Carstensen. Und beides, Kultur und Wirtschaft ins einander befruchtende Gleichgewicht zu bringen, dafür sei in Schleswig-Holstein „ein Netzwerk geknüpft worden, das immer besser funktioniert“.

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Ministerpräsident Peter Harry Carstensen

So freute sich Carstensen, gemeinsam mit Bernd-Günther Nahm, Geschäftsführer der Kulturellen Filmförderung S.-H., und der MSH-Geschäftsführerin Christine Berg nach der Premiere im letzten Jahr auch 2006 zwei „Seebären“ an zwei preisgekrönte schleswig-holsteinische Filmemacher vergeben zu können. Allerdings, so scherzte Carstensen, eine seiner „ersten Reformen“ bei Regierungsantritt sei gewesen, dass „die Seebären ab sofort lächeln“.

Genau wie C. Cay Wesnigk, Filmemacher und Produzent aus Bad Schwartau, der für den von ihm produzierten Kompilationsfilm „Hitlers Hitparade“ im vergangenen Jahr den Adolf Grimme Preis erhalten hatte, und Regisseur Lars Jessen, der mit seinem „Heimatfilm“ (Jessen) „Am Tag als Bobby Ewing starb“ nicht nur ein mit 100.000 Besuchern beachtliches Kino-Debüt hinlegte, sondern 2005 auch den Max-Ophüls-Preis gewann. Kein Grund also, sich als Filmland, das solche Erfolge seiner Landeskinder zu verbuchen hat, das Lächeln zu verkneifen.

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Lächelnde Seebären-Preisträger: C. Cay Wesnigk (oben) und Lars Jessen

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Die beiden Seebären-Preisträger dankten entsprechend und hoben beide hervor, wie wichtig ihnen eine solche Anerkennung aus dem eigenen Land sei, „Ermutigung hier weiterzumachen“. (Text + Fotos: jm)

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v.l.: Peter Harry Carstensen, Christine Berg, C. Cay Wesnigk, Lars Jessen, Bernd-Günther Nahm, Axel Milberg

Dokumentiert:

Bernd-Günther Nahm, Geschäftsführer der Kulturellen Filmförderung S.-H.: Laudatio anlässlich der „Seebär“-Verleihung an Lars Jessen

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Freunde der bewegten Bilder!

Gern greife ich das Wort des MP von den jungen Talenten, dem filmischen Rohstoff in Schleswig-Holstein auf. Die Kulturelle Filmförderung hat sich, wie sicherlich bekannt, mit einem eigenen, speziellen Schleswig-Holstein-Modell in den letzten 16 Jahren erfolgreich dieser Aufgabe gestellt. Und so ist es nicht überraschend, dass ein junger Mann, im Sternzeichen des Widder in Kiel geboren, sich prächtig in S.-H. entwickeln konnte.

Um früh mit den wunderschönen Drehorten im Lande vertraut zu werden, wechselt er häufig zwischen Ost- und Westküste hin und her. In Kiel lebt die Oma, in Meldorf steht die Bildungsanstalt, sprich Schule, und eine besondere Bedeutung bekommt dabei der Bramsee mitten drin. In Meldorf in der Schule, der Gelehrtenschule wohlbemerkt, geschehen in der Zeit, wir sprechen von den 80er Jahren, revolutionäre Dinge – unser Protagonist ist in die Gründung einer Film-/Video-AG involviert. Und das soll Folgen haben, sowohl bei unserem Helden als auch in der Schule, die seit damals bis heute eine der Brutstätten filmischen Nachwuchses in Schleswig-Holstein ist.

Unseren jugendlichen Helden, durch das Geburtsjahr knapp nach ’68 politisch motiviert, treffen wir dann wieder als Studiosus an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel mit einem Filmprojekt über den Nordirland-Konflikt im Gepäck. Diese frühe Arbeit wurde noch nicht mit Preisen bedacht, filmischer und politischer Anspruch waren noch nicht in der Balance. Kurz darauf gibt es dann aber einen Preis beim Wettbewerb „40 Jahre Schleswig-Holstein“. Genießen Sie mit mir noch einmal den Titel der damaligen Arbeit: „Dunkles Land am Meeresrand”.

Von jetzt an geht es rasant voran und ich kann Ihnen, meine Damen und Herren, nur einige exemplarische Stationen der jungen Karriere aufzählen.

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v.l.: Axel Milberg, Christine Berg, C. Cay Wesnigk, Lars Jessen, Bernd-Günther Nahm

Ein Regievolontariat bei der „Lindenstraße“ – Sie merken, wir sind zwecks umfassender Ausbildung nach Köln gezogen – eine Assistenz bei Hans W. Geissendörfer führt ein in eine Arbeit, die unser Protagonist nach erfolgreichem Studium an der Universität und Aufbaustudium Film an der KHM, Kunsthochschule für Medien, an unterschiedlichsten Plätzen ausüben wird.

Zwischendurch produziert er einen Kurzfilm, „The Ballad of Kim and Joe“, der wieder Preise in Italien und Köln holt, und sucht in seinem Abschlussfilm an der KHM nach dem Bundespräsidenten Heinrich Lübke. Er schult dann seine filmhandwerklichen Fähigkeiten als Regisseur zahlreicher Fernsehserien, die da sind: „Die Wache“, „Großstadtrevier“ und „Aus gutem Hause“.

Mit dem Wechsel ins neue Jahrhundert geht er an die Realisierung eines lang gehegten Wunsches: Das Kinodebüt. Dass dies nicht einfach ist, muss unser Protagonist nun selbst erfahren; vier Jahre dauert es bis eine Geschichte, die bisher hunderttausend  Zuschauer im Kino sehen wollten, dann endlich umgesetzt werden wird.

Diese Arbeit mit dem Ergebnis, so finden wir, ist mindestens einen Seebären wert – und einen Max-Ophüls-Preis sowie eine Nominierung zum Kritikerpreis gab es noch zusätzlich.

Begrüßen Sie mit mir Lars Jessen, den Regisseur des erfolgereichen Kinodebüts „Am Tag als Bobby Ewing starb”.

 

Christine Berg, Geschäftsführerin der MSH: Laudatio anlässlich der „Seebär“-Verleihung an C. Cay Wesnigk

Liebe Gäste,

ich freue mich sehr, dass Sie so zahlreich gekommen sind und bin sehr stolz, dass unser Ministerpräsident heute hier auf der Berlinale gemeinsam mit einem Grimme-Preisträger aus Bad Schwartau und einem Max-Ophüls-Preisträger aus Kiel das Filmland Schleswig-Holstein repräsentiert.

Lieber Cay,

ist dir eigentlich klar, was für einen wichtigen Beitrag du im letzten Jahr zur nationalen Reputation unseres Bundeslandes geleistet hast?

Ich schätze deine Arbeitsweise sehr. Du arbeitest sehr professionell, bist unglaublich vielseitig, schaust weit über den Tellerrand hinaus und stehst auch nach deiner Auszeichnung als Grimme-Preisträger mit beiden Beinen fest auf dem Boden!

1962 bist du in Bad Schwartau geboren. An der Hochschule für bildende Künste in Hamburg hast du dein Studium der „Visuellen Kommunikation“ 1989 mit Auszeichnung abgeschlossen.

Noch während deines Studiums hast du deine eigene Filmproduktion gegründet und 1987 mit 25 Jahren deinen ersten Spielfilm „Vergessen Sie’s“ für das ZDF gemacht.

Seit 1992 wird deine Vielseitigkeit deutlich, die später auch deine Filme bereichern und ihnen eine neue Qualität geben wird. Parallel zur Filmproduktion arbeitest du im Bereich Werbung. Du produzierst verschiedene Kinospots, beispielsweise zur Aids-Prävention und für Zivilcourage. Dafür bist du vom Art Directors Club Deutschland (ADC) beim Wettbewerb „Young Art Director of the Year“ 1995 ausgezeichnet worden.

Du bist Autor, Texter, Konzeptioner, Regisseur, Produzent und Berater. Aber das ist noch nicht alles, du engagierst dich ehrenamtlich als Stellvertretender Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Dokumentarfilm, Deutschlands größtem Verband unabhängiger Filmproduzenten mit 750 Mitgliedern.

Darüber hinaus bist du Mitglied des Verwaltungsrats der VG Bild-Kunst, der Verwertungsgesellschaft für Filmschaffende und unabhängige Filmproduzenten.

Lieber Cay, ich habe den Eindruck, dass deine Ehrenämter allein schon ein Full-Time-Job sind.

Seit September 2000 bist du im Vorstand der OnlineFILM AG, gegründet mit 120 Urhebern und Produzenten. Hier geht es darum, die digitalen Rechte von Filmen zu bündeln und mittels Internet-Technologie zu verwerten. Ein sehr wichtiges Beispiel dafür, dass du dich nicht nur über Kreation und Produktion, sondern auch über die Verbreitung und Vermarktung Gedanken machst und konkrete Tools entwickelst.

Aber nun zurück zu deinen Filmen, nach „Vergessen Sie’s“ ging es weiter mit „Vier Wände, eine deutsche Einheit“, ein Dokumentarspiel mit Dominique Horwitz, bei dem du Regie geführt hast. Die NDR Produktion wurde mit dem Glashaus – Preis der IG-Medien ausgezeichnet.

„Kinder, Kader, Kommandeure“ ist ein Kompilationsfilm, für den du die Idee entwickelt und die Produktion übernommen hast. Regie führte Wolfgang Kissel. Dann folgten zwei Kinder-Kurzfilme für das ZDF: „Ball-Spiel“ und „Antonia lässt sich Ohrlöcher schießen“ – Regie und Produktion mit Adolf Bollmann.

Dass du bei anspruchsvollen Themen deinem hohen Qualitätsanspruch gerecht wirst, zeigt „Carl F.W. Borgward, Aufstieg und Fall eines Autokönigs“ aus dem Jahr 2001, bei dem du Regie geführt hast. Das NDR/ARD-Dokumentarspiel wurde 2003 mit dem Ernst Schneider Preis ausgezeichnet und in der Produktionsvorbereitung von der MSH gefördert.

Mit Kreativität und Innovationskraft hast du den klassischen Dokumentarfilm mit diesem Projekt bereits weit hinter dir gelassen.

Mutig beschreitest du mit „Hitlers Hitparade“ neue Wege. Du wagst dich an dieses Thema heran und wirst mit dem Adolf Grimme Preis 2005 belohnt.

Lieber Cay, ich freue mich, dass wir ein großes Projekt fördern, an dem du gerade arbeitest. Ich will nicht zuviel verraten, aber bei der TV-Dokumentationsreihe „Die Erben“ für ARD/NDR geht es um Portraits von Millionenerben und die Vorteile und Handicaps die sich mit dem Geldsegen einstellen. Wir sind gespannt und freuen uns schon auf die Protagonisten.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

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