47. Nordische Filmtage Lübeck
Ja, so könnte das Leben sein, ist es aber nur im Fernsehen
„Die Diebin und der General“ (Miguel Alexandre, D 2005)
Große Klappe mit Herz ist das Markenzeichen von Jessie Fischer (Katja Riemann), der Titelheldin des neuen TV-Movies „Die Diebin und der General“ von Miguel Alexandre, die als allein erziehende Mutter eines 10-jährigen Sohnes mal so gerade noch finanziell zu recht kommt. Ihr sturer Gerechtigkeitssinn und ihr leicht überschäumendes Temperament gefährden ihr Auskommen. So schafft sie es mir nix dir nix, sich einen Strafprozess einzubrocken, als sie mehrmals Gläser mit Krabben für ihren Sohn Toby auf ihrer Arbeitsstelle, einem Supermarkt, mitgehen lässt und vom Filialleiter erwischt dessen Auto demoliert. Resultat: 100 Stunden gemeinnützige Arbeit, die Jessie als Aushilfsbetreuerin im städtischen Altersheim abarbeiten soll. Im Altersheim trifft sie auf den zweiten Sturkopf dieser Komödie, den so genannten „General“ Walter Voss (Jürgen Hentsch), der als renitenter, verbitterter Sauertopf der Schrecken aller Mitbewohner und Angestellten des Heims ist. Aber gerade das scheint ihn für Jessie so interessant zu machen. Sie entdeckt in ihm trotz seiner Grobheiten einen Seelenverwandten, hinter dessen rauer, kantiger Fassade sich ein Sonderling mit einem gebrochenen Herzen verbirgt. Nach dem Tod seiner geliebten Frau hat der General in seiner zeitweiligen geistigen Verwirrung sein Vermögen plus Haus an seine egoistischen Kinder überschrieben. Als er später, wieder bei klarem Kopf und Seele, das rückgängig machen wollte, brachte ihm ein gewalttätiges Manöver Entmündigung und „Überstellung“ ins Altersheim durch seinen Sohn ein.
Große Klappe mit Herz: Katja Riemann in „Die Diebin und der General“ (Foto: NFL)
Ja, das Leben kann so ungerecht und hart sein. Aber nur zeitweise, jedenfalls in Filmen von Miguel Alexandre, in denen schließlich doch das Gute im Menschen siegt, sogar bei habgierigen Kindern.
Schon nach wenigen Minuten des Films wird dem Zuschauer klar, dass er es mal wieder mit einer dieser professionell arrangierten und inszenierten Geschichten von Miguel Alexandre zu tun hat, der es zwar bisweilen an Realitätssinn und Glaubwürdigkeit mangelt, die das aber mit ans Herz gehender Menschelei auszugleichen versucht. Dass das Ganze wieder einmal klappt, ist vor allem den beiden guten Hauptdarstellern zu verdanken, die nach einer Weile über alle irritierenden Rührseligkeiten und Sentimentalitäten hinwegsehen lassen und den Zuschauer für sich einzunehmen verstehen. Ja so könnte das Leben sein, ist es aber wohl nur im Fernsehen, wo dann der Film auch bei der ARD zur Prime Time am 8. Dezember zu sehen sein wird. (Helmut Schulzeck)