47. Nordische Filmtage Lübeck

Doku-Soap „Die Menschen im Meer“ hat Premiere bei den Nordischen Filmtagen Lübeck

Die 5-teilige Doku-Soap „Die Menschen im Meer“ von Wilfried Hauke (D 2005, 5×26 Min., Redaktion: Ulrike Dotzer) erfährt ihre Uraufführung im Rahmen der Nordischen Filmtage Lübeck am 4. November, 16 Uhr (Kino 1). Zu Gast sind dabei auch die Protagonisten, die Menschen im Meer, Bewohner der Halligen im nordfriesischen Wattenmeer.

Die Erstausstrahlung erfolgt vom 28. November bis 2. Dezember 2005, jeweils 20.15 Uhr, auf ARTE.

  • 1. Halligleben: 28.11.2005
  • 2. Frühlingserwachen: 29.11.2005
  • 3. Sommerwind: 30.11.2005
  • 4. Herbststurm: 1.12.2005
  • 5. Winterstille: 2.12.2005

Es ist Herbst. Es stürmt jetzt infernalisch. Gischtfahnen prasseln an die Fensterscheiben auf der Hallig Oland. Marius, der Sohn der Lehrerin hat es aus dem Internat in Niedersachsen gerade noch zum Wochenende nach Hause auf das Eiland mitten in der Nordsee geschafft. In der Küche läuft das Radio. Der Sprecher gibt eine Sturmwarnung für die gesamte Nordseeküste durch. „Windstärke 10 mit Orkanböen bis Stärke 12.“

„Drei Meter Hochwasser über normal sind angekündigt. Dann geht die Hallig blank“, sagt die alte Hebamme Frieda Kühn. Aus dem Wohnzimmer ihres Reet gedeckten Hauses beobachtet sie den Leuchtturmwärter, der sich beeilen muss, um die Motorloren rechtzeitig in Sicherheit auf die hohe Warft zu holen.

Fiede Nissen, der Postzusteller, ist noch draußen auf dem Damm unterwegs mit Paketen vom Festland zu seiner Hallig Langeneß. Normalerweise kann er die 7 Kilometer lange Strecke bei Ebbe ohne Gefahr mit der kleinen Lore fahren. Doch jetzt trommelt die See bereits an den Schienen. Hinter dem Friesen schlagen die Wellen über dem Damm zusammen. Im letzten Augenblick erreicht Fiede die Langenesser Kante.

Kurz darauf ist von der Hallig nichts mehr zu sehen. Die See hat die Sommerdeiche überspült. Nichts bleibt zu tun, wenn das Vieh sich auf der Honkenswarft versammelt hat, die eisernen Schotttüren verrammelt, die Fenster verriegelt sind. Manchmal, wenn die Böen für einen Moment innehalten, dringt vom Stall her Unruhe ins Haus von Britta und Honke Johannsen, den letzten Milchviehbauern von Langeneß. Alle Warften sind nun meerumschlungen, die Halligleute bleiben 36 Stunden von der Außenwelt abgeschnitten. Bis der Sturm nachlässt und die Ebbe kommt.

Lehrerin Tina und Sohn Marius, Oma Kühn, Fiede Nissen, Britta und Honke mit ihrer kleinen Tochter Ose und Monika und Volker Mommsen sind die Hauptdarsteller in der neuen ARTE-Doku-Soap und fünf der knapp 300 Menschen, die heute noch auf den Halligen im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer leben. Von einst einhundert Halligen hat das Meer heute nur 10 übrig gelassen. Fünf sind ganzjährig bewohnt.

Ein ganzes Jahr lang – vom Winter 2004 bis zum Frühjahr 2005 – hat Autor und Regisseur Wilfried Hauke drei davon, die Halligen Oland, Langeneß und Gröde, regelmäßig mit seinem Kamerateam besucht und im Auftrag der ARTE Redaktion des NDR den Alltag und die Abenteuer des Halliglebens in der Nordsee festgehalten. In knapp 60 Drehtagen entstand ein einzigartiges Filmprojekt, das erstmals tief gehend das exotische Leben draußen „im Meer“ dokumentiert. Durch intensive Vorgespräche hatte Wilfried Hauke das Vertrauen der Protagonisten gewonnen. Ihr natürliches Auftreten vor der Kamera, die Authentizität ihrer Gefühle und der Realismus des Geschehens sind in jeder der fünf Folgen der Doku-Soap zu spüren. Jede Folge kann für sich selbständig mit Anfang und Ende angeschaut werden. Produziert wurde die Hallig-Soap von der dmfilm und tv produktion in Hamburg und Kiel.

Die Handlung beginnt im Winter mit den Vorbereitungen zum alljährlichen Biikefeuer. Im Frühjahr wird bei Johannsens die Tochter Ose geboren. Ausgerechnet bei „Landunter“, so dass Vater Honke nicht rechtzeitig dabei sein kann. Volker und Monika Mommsen auf Gröde erneuern mit gigantischem Aufwand das Reetdach ihres Hofes, der nach der großen Sturmflut 1964 errichtet wurde. Nur dank Bernhard Diedrichsen, dem letzen Halligschiffer, bekommen sie das Reet zu tragbaren Kosten auf ihr abgeschiedenes Eiland. Tinas Sohn Marius vermisst seine Schwester Noomi sehr, die in einem Internat auf dem Festland leben muss. Und Tina selber sehnt sich nach ihrem Freund Michael, der wegen seines Jobs auf dem Festland nicht auf der Hallig leben kann. Plötzlich wird alles anders: Marius muss Oland früher verlassen, wenn er auf dem Festland Abitur machen will. Lehrerin Tina hat nur noch vier Kinder in der Schule. Und als Oma Kühns Schwester stirbt, bleibt sie als Älteste und letzte zurück, die auf Oland noch Friesisch spricht. Fiede Nissen, der durch seine Fahrten als Postschiffer all die Geschichten und Personen der verschiedenen Halligen miteinander verbindet, träumt von einer Weltreise. Dann hält der Winter die Halligen wochenlang im Griff: Keine Post, keine Besuche mehr vom Festland. Endlich werden Schnee und Eis mit dem neuen Biike – Feuer ausgetrieben. Ob Tina und Michael doch noch zu ihrem Happy End finden?

Postschiffer Fiede und die Bauernfamilie Johannsen von Langeneß, Hebamme Oma Kühn, Lehrerin Tina und Sohn Marius von Oland und Volker und Monika von der Hallig Gröde erzählen den Alltag und ihre Gedanken größtenteils selber, in Gesprächen miteinander oder im Monolog. Sie leben zwar auch heute noch in ständiger Bedrohung durch die Nordsee. Ebbe und Flut bestimmen größtenteils den Lebensrhythmus und die Träume dieser „Menschen im Meer“. Aber sie sind auch moderne Menschen unserer Zeit, mit Sorgen und Nöten, wie sie auch Festländer kennen. Mit dem Unterschied, dass sie ihre Konflikte mit immer den gleichen Menschen austragen müssen. Und dass sie die Gemeinschaft pflegen müssen, um in der unberechenbaren Natur und der Abgeschiedenheit mitten im Meer überhaupt zu überleben.

(nach einer Produktionsnotiz von dmfilm)

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