Portrait einer Künstlerin: „Zwischen Perfektion und Freiheit – die Geigenvirtuosin Viktoria Mullova“
Einen musikalischen Einblick in Leben und Schaffen der bedeutenden Violinistin Viktoria Mullova gestattet der Dokumentarfilm „Zwischen Perfektion und Freiheit – die Geigenvirtuosin Viktoria Mullova“ von Claudia Willke, der demnächst auf Arte und auf 3Sat zu sehen ist.
Die russische Musikerin wurde von Volodar Bronin, einem Schüler David Oistrachs, und Leonid Kogan, der am Moskauer Konservatorium wirkte, unterrichtet. 1982 gewann sie die Goldmedaille des Tschaikowsky-Wettbewerbs in Moskau und benutzte 1983 eine Finnland-Tournee, um in die USA zu fliehen, wo sie vor allem aufgrund von verschiedenen Schallplattenaufnahmen und Konzerten mit Seiji Ozawa, Riccardo Muti und Lorin Mazell sehr erfolgreich und bekannt wurde. Viktoria Mullova spielt auf der Stradivari „Jules Falk“ (aus dem Jahre 1723).
Sie wohnt heute zwischen ihren Konzerten, die sie in alle Welt führen, mit dem englischen Cellisten Methew Barley und ihren drei Kindern in London. Der Film begleitet die eher scheu wirkende Mullova auf Reisen nach Berlin, Russland und Genua und gewährt vorsichtige Auskünfte über ihr privates Leben.
Wenig Mühen bereitet es der Autorin und Regisseurin Claudia Willke, das große Repertoire der Mullova, für das sie vielfach ausgezeichnet wurde (Grand Prix du Disque, Diapason d’Or, Preis der deutschen Schallplattenkritik, Echo-Klassik Preis, etc.). ausschnittsweise zu dokumentieren. Zwar kann die Spannweite ihrer Programmpalette, die von Bach bis Youssou N’Dour reicht und ebenso Musik von Katja Labèque, Piotr Anderszewski oder dem Jazzpianisten Julian Joseph umfasst, in der Kürze der Filmzeit nicht voll ausgelotet werden. Aber mit Ausschnitten aus Werken von Pokofiev, Schubert, Bach, Vivaldi sowie des Britten Fraiser Trainer gelingt es dennoch, das beeindruckende Können und die frische Kreativität dieser außergewöhnlichen Künstlerin zu erfassen. Man bekommt Lust auf mehr beim Sehen und Hören ihrer Kunst.
Als weit aus schwieriger erweist sich die Porträtierung des privaten Menschen Mullova. Letztendlich nur sehr zurückhaltend gibt sie Auskunft über ihr Leben. Zwar wird durch ihre Erinnerungen an Kindheit und Jugend deutlich, dass diese entbehrungsreiche Zeit, mit der sie keine Glückserinnerungen verbindet, vor allem Üben und Lernen bedeutete und dass Karriere und Flucht der einzige Weg zur Befreiung und Verwirklichung ihrer privaten und künstlerischen Individualität waren. Dennoch bleiben ihre Schilderungen der privaten Vita merklich zurückhaltend und vorsichtig. Auch ihre menschliche und künstlerische Beziehung zu Claudio Abbado, die vier Jahre dauerte und zerbrach, als Mullova von ihm schwanger geworden war, wird von ihr nur respektvoll und vieles unausgesprochen lassend kurz erwähnt.
Viktoria Mullova hat Claudia Willke nur bedingt an sich heran gelassen. Sie wirkt erst wieder souverän wie auf der Bühne und kompromisslos, als sie in einem Rundfunkinterview davon spricht, dass sie am Moskauer Konservatorium nur auf die Beherrschung der technischen Fertigkeiten gedrillt wurde. Alles andere, wie z.B. das Erkennen der unterschiedlichen Stile, die verschiedenen Möglichkeiten von Phrasierung und Intonation, konnte sie erst nach ihrer Flucht in den Westen lernen. (Helmut Schulzeck)
„Zwischen Perfektion und Freiheit – die Geigenvirtuosin Viktoria Mullova“, D 2004, 52 Min., DigiBeta, Buch und Regie: Claudia Willke, Kamera: Bernd Meiners.
Der Film ist am 1. Oktober 2005, um 22.30 Uhr auf Arte und am 22. November 2005, um 9.45 Uhr, auf 3Sat zu sehen.