46. Nordische Filmtage Lübeck
Vom Unterschied der Kulturen
„Chikwati – Hochzeit auf afrikanisch“ (D 2003, Frank-Peter Lehman)
Ein Berliner heiratet seine afrikanische Freundin in ihrem Heimatdorf in Sambia. Kameramann Frank-Peter Lehmann möchte beiden ein paar bewegte Bilder von dieser Feier als Hochzeitsgeschenk bescheren. Ergebnis ist der 53-minütige Film „Chikwati – Hochzeit auf afrikanisch“, der dem deutschen Zuschauer sehr unterhaltsam und kurzweilig die Hochzeit und vor allen Dingen der Vorbereitungen darauf zeigt. Dabei kann man viel über sambische Sitten und Gebräuche erfahren und so auch über die kulturellen und sozialen Unterschiede zwischen Afrika und der Ersten Welt. Dass dies mit einer Leichtigkeit und Fröhlichkeit daherkommt, die einen beschwingt, ist wohl nicht nur das Verdienst von Frank-Peter Lehmann – hier Autor, Regisseur, Kameramann und Cutter in einer Person -, sondern auch der afrikanischen Lebensfreude zu danken, die sich sichtlich auch auf alle deutschen Gäste bei dieser Feierlichkeit übertragen hat.
Die Hauptrolle bei allem, auch im Vorfeld der Hochzeit, spielt die Braut und mit ihr die anderen Frauen aus Familie und Freundeskreis. Ein Fingerzeig darauf, dass die Frauen die Hauptstütze der afrikanischen Gesellschaft sind.
Zu Beginn weist eine „Matrone“ die Braut Lunia in einem zweiwöchigen „Crash-Kurs“ ein, wie man Mann und Ehe pflegen sollte, damit später alles gut und glücklich verläuft. Lunia berichtet von ihrer anfänglichen Skepsis als europäisierter Frau diesem Brauch gegenüber, die später vollem Einverständnis mit dieser Tradition gewichen sei, so dass sie diese Schule für die Ehe jeder Frau empfehlen würde. Ein weiteres wichtiges Ereignis im Vorfeld der Trauung ist die traditionelle „Kitchenparty“ für die Braut, eine Woche vor der Hochzeit mit 300 weiblichen Gästen; Männer sind nicht zugelassen (für den Kameramann wurde eine Ausnahme gemacht). Ein Komitee dafür wacht über Bewirtung und zeremoniellen Ablauf. Der Bräutigam gibt mit seinen Freunden ein kurzes Gastspiel auf dieser Party. Er muss zu Trommelklang auf die verhüllte Braut zutanzen, sie enthüllen und küssen. Dabei scheint die gesamte afrikanische Frauenwelt der Party äußerst amüsiert gewesen zu sein über seine leicht unbeholfene Art zu tanzen. Auch die Männer haben später eine Junggesellenparty. Doch sie scheint nebensächlich zu sein und wirkt im Vergleich zu dem vorher Gesehen einfach langweilig.
Der Film zeigt die Vorbereitungen im 95 Seelen zählenden Dorf, in dem Lunias Eltern eine Farm betreiben, und wirft so relativ unbefangen auch einen Blick auf das Leben dieses kleinen Ortes. Hier in der Provinz, weit ab selbst von Sambias Hauptstadt, ist die Heirat mit einem Europäer natürlich das Ereignis des Jahres, zu dem später etliche hundert Gäste und über 1.000 Zaungäste zusammenströmen werden. Wieder sieht Mann vor allen Dingen Frauen organisieren und arbeiten. Die übernehmen den aktiveren Part im Leben. Die Männer scheinen sich eher im Nichtstun zu gefallen und im Kommentieren der Geschehnisse. Ein Besuch in der bescheidenen Dorfschule, die Befragung der Kinder und später der Frauen im Dorf gibt versteckt bzw. indirekt Hinweise über die ökonomische Situation vor Ort und den Traum alldem durch eine Heirat mit einem „reichen“ Deutschen zu entkommen.
Ein besonders schönes Element des Filmes ist der afrikanische Tanz, das Einüben afrikanischer Zeremonietänze auch für die deutschen Gäste, später auch die traditionellen Tänze während der Hochzeitsfeier mit Kostümen und Masken. Der Film schwingt dann in Musik und Rhythmus.
Natürlich halten standesamtliche und kirchliche Trauung sowie die Feier im Dorf noch etliche Schauwerte für den Zuschauer bereit. Die wichtigsten Teile des Filmes sind dann aber schon vorüber. Beobachtungen und Erläuterungen der Afrikaner im Vorfeld des Ereignisses bieten mehr und lassen den Zuschauer eine Ahnung davon bekommen, wie weit Afrika und Europa auch im Zusammenleben und -spiel der Geschlechter auseinander sind. (Helmut Schulzeck)