10 Jahre MSH
Mission possible – die MSH erntete viel Lob zum Jubiläum
„Summertime and the living is easy“ stimmen Stephan Ratje und Jens Tolksdorf im Garten der Lübecker Schildstraße 12 an und eröffnen so treffend das Sommerfest, das die MSH aus Anlass ihres zehnten Geburtstages am 3. September feierte. Kaiserwetter zum Jubiläum und die Redner sind des Lobes voll über das kleine, aber umso feinere Team der MSH (Roland Schmidt, Antje Reimer und Sabine Schmidt), das sich mit einigem Stolz auf die Fahnen schreiben darf, „kompakt, kreativ, kompetent“ die Filmlandschaft des Landes ein ganzes Stück voran gebracht zu haben.
Dabei war das „living“ im schleswig-holsteinischen Karpfenteich Film nicht immer so „easy“ wie jetzt beim lauschigen Gartenfest. Als die MSH vor zehn Jahren gegründet wurde, damals unter der Geschäftsführerin Andrea Kunsemüller, „war die Skepsis“ über die Verbindung von ULR und NDR, die Gesellschafter der MSH, „groß“, wie sich Friedrich-Wilhelm Kramer, Vorsitzender der Gesellschafterversammlung der MSH und Direktor des NDR Landesfunkhauses Schleswig-Holstein, erinnert. Von einer „Zwangsehe“ sei damals gesprochen worden. Gernot Schumann, stellvertretender Vorsitzender der MSH-Gesellschafterversammlung und Direktor der ULR, vergleicht die Verbindung ironisch mit einer „Mission impossible“. „Aber Zwangsehen sind nicht immer unglückliche Verbindungen und ‚Mission impossible‘ war beim Publikum sehr erfolgreich“, witzelt Kramer zurück. „Die harte Arbeit der Anfangszeit“, für die MSH-Geschäftsführer Roland Schmidt später in seiner Rede insbesondere seiner Vorgängerin Andrea Kunsemüller dankt, „hat sich gelohnt“, resümiert Kramer. „Schleswig-Holstein ist zwar im Vergleich zu den Medienstandorten anderer Bundesländer nicht gerade reich an filmwirtschaftlicher Infrastruktur, aber Schleswig-Holstein ist eine beliebte Heimat für Film- und Fernsehproduktionen geworden“, was man gerade zur Zeit an der Trave beobachten könne, wo sich die Filmteams die Stative in die Hand geben. „Schleswig-Holstein als beliebter Drehort“, dies sei „ein Verdienst besonders der Film Commission – neben der Filmförderung und der Aus- und Fortbildung eine wichtige neue Aufgabe der MSH“, so Kramer weiter.
„Herausragend“ seien viele der fast 300 Projekte, die die MSH seit 1994 mit insgesamt rund 13 Mio. Euro gefördert habe. Doch „wo gefördert wird, da muss auch gesendet werden“, insistiert Kramer. „Denn die Mittel der Filmförderung stammen im wesentlichen aus Rundfunkgebühren“, die so „direkt wieder beim Publikum“ ankämen. „Für die Produzenten in Schleswig-Holstein ist die Verbindung von MSH und NDR ein Glücksfall: In der MSH haben sie einen Förderer, der hilft, ihre Ideen zu verwirklichen. Im NDR finden sie einen Partner, der ihre Produktionen ausstrahlt.“ Konsequenz daraus sei, dass „wer die Filmförderung und Schleswig-Holstein als Medienstandort stärken will, auch in Zukunft den öffentlich-rechtlichen Rundfunk stärken muss“. Eine Adresse an das Land, dem Kramer trotz fehlender finanzieller Unterstützung für die MSH für die „stets kritisch-konstruktive Begleitung und ideelle Unterstützung“ dankt. Umso größer sei die Leistung der MSH einzuschätzen, die mit einem Etat von jährlich rund einer Million Euro, einem Zehntel dessen, was etwa in Niedersachsen für Filmförderung ausgegeben werde, „ihre noch junge Geschichte zu einer Erfolgsgeschichte“ gemacht habe.
Ähnlich sieht das Gernot Schumann. Aus dem „legislativen Retortenbaby“, das die MSH zu Beginn war, habe sich eine Institution entwickelt, die „fernab von Mainstream und Quotendruck immer wieder vor allem auch kleine Projekte unterstützt“ habe. „Eine Förderungsgesellschaft wie die MSH muss das kreative Potenzial auch in Bereichen unterstützen, die nicht gleich ins Auge springen. Eine diversifizierte Produktionslandschaft ist langfristig stabiler als eine monokulturelle.“ Das ist Schumanns Stichwort für das duale Rundfunksystem, denn der Gesetzgeber hat seinerzeit öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunk förderrechtlich gleichgestellt. Die MSH spielt dabei eine Schlüsselrolle, nicht nur durch ihren jüngsten Erfolg, das Format Hörspiel, bislang eine Domäne der Öffentlich-Rechtlichen, mit dem geförderten Hörspiel „Peter Lundt – der blinde Detektiv“ bei den Privaten, hier dem Kieler Sender delta radio, zu etablieren. Aber das duale System „funktioniert auch in der Gesellschafterversammlung“, lobt Schumann. „Mögen NDR und ULR hier und da auch unterschiedliche Interessen verfolgen, bei der MSH machen wir gern gemeinsame Sache.“
„Quo vadis MSH?“ fragt Schumann am Ende seiner Rede und öffnet damit den sommerfestlichen Blick für das Projekt „Es gibt viel zu tun“. Es komme darauf an, die in zehn Jahren geschaffenen Strukturen „noch effektiver zu nutzen, denn Fördergelder sind nicht beliebig vermehrbar“. Ferner solle die MSH weiter gehen auf ihrem Weg der „Vernetzung der audiovisuellen Landschaft in Schleswig-Holstein“, zwischen „Produktionsunternehmen, der Kulturellen Filmförderung, aber auch den medienpolitisch Verantwortlichen und nicht zuletzt der ULR mit ihren Offenen Kanälen“ – hin zu „einem System kommunizierender Röhren“. Hier komme der MSH „eine wichtige Steuerungsfunktion“ zu.
Wo von „Zwangsehen“ und den aus ihnen geborenen, sich aber prächtig entwickelnden „Retortenbabys“ die Rede war, bemüht Roland Schmidt in seiner Rede den Vergleich mit der Schule. Die MSH trete nach zehn Jahren nunmehr „aus der Grundschule in die weiterführende Schule ein“. Zwar nicht unbedingt an das Gymnasium, aber „immerhin die Realschule“. Im Rechnen wie in der Rechtskunde habe sich das Know-How verbessert und auch sonst seien der MSH gute Noten zu geben, nicht nur wegen „bundesweit hervorragender Kritiken“ für das von der MSH geförderte Hörspielsymposium im Rendsburger Nordkolleg. Schmidt will mit der MSH weiter gehen auf dem Weg einer „Politik der pragmatischen und flexiblen Wege“. Und vielleicht ist die Realschule dafür genau das realistische Bild, das besser passt als ein womöglich altsprachliches Gymnasium. In diesem Sinne betont Schmidt auch, dass die MSH-Förderung eine „Zuschussförderung – und das bleibt auch so – mit dem Dreh- und Angelpunkt Produzenten“ sei.
Während sich die Sonne über den spätsommerlichen Garten der MSH-„Residenz“ senkt, die das muntere Vernetzungstreiben der Filmschaffenden begleitenden Jazzer südamerikanische Tunes anstimmen und auf den Grills der Hotelfachschule Lübeck, die das schmackhafte Catering besorgt, die Lammkoteletts braten, ist das Filmleben plötzlich „easy“ und die „Mission impossible“, aus der die MSH einmal enstand, ist nunmehr mehr als „possible“. Was die nächste Dekade bringt, weiß niemand angesichts fortschreitender Digitalisierung des Mediums Film und knapper werdender Mittel im Kulturbereich. Aber die MSH weiß einmal mehr um ihre Mission. (jm)