6. Internationales Archäologie-Film-Kunst-Festival Kiel CINARCHEA
10 Jahre CINARCHEA – ein (abschließender?) Rückblick
Die Festivaljahre dokumentieren technisch und gestalterisch Erstaunliches: 1994 projizierten wir noch Filme auf Celluloid im einheitlichen 16mm-Format, die für die Kinoprojektion gedacht waren, doch bald waren wir gezwungen, die aus aller Welt eingesandten Titel auf den verschiedensten Videoformaten und Systemen anzunehmen und kostenträchtig umzuspielen. Diese Format-Vielfalt hat sich zwar zugunsten weniger, qualitativ hochwertiger Systeme etwas gelegt, doch die Chance, heute mit kostengünstigem Equipment bereits sendefähiges Material zu produzieren, bietet weiterhin Anlass, viele Möglichkeiten bei der Projektion vorzuhalten – und die Entwicklung geht unaufhaltsam weiter.
Das Programm bot über 200 Produktionen aus 26 Ländern, die z.T. von den Autoren und Produzenten vorgestellt wurden. Diese staunten über die weitgehend neue Erfahrung, ihre Filme, die für den Bildschirm und privaten Konsum gedacht waren, nun öffentlich auf der großen Leinwand mit Publikum zu erleben. Die fremdsprachigen Filme wurden zu Anfang noch deutsch eingesprochen, seit 1998 werden alle Titel in den von den Autoren autorisierten Fassungen vorgeführt: 1998 gewann zum ersten Mal ein französischer Film im Original den Großen Preis und dazu den Publikumspreis. Das Themenspektrum hat sich kaum verändert, lediglich die Filme zur experimentellen Archäologie, die anfangs als Kurzfilme vor allem aus Deutschland und Frankreich kamen, sind vorübergehend den Großproduktionen der BBC gewichen. Jetzt ist kaum noch ein Titel aus dieser Kategorie vertreten. Insgesamt sind Großproduktionen vorherrschend, die mit Millionen-Etats realisiert werden; spannend ist daher der Blick auf kleinere Formen und Sendereihen. Die enge Zusammenarbeit mit den anderen Archäologie-Film-Festivals führte zu einem europäischen Zusammenschluss, vgl. unter www.fedarcine.com.
In die Zeit des letzten Dezenniums fiel das Aufkommen der rechnererzeugten Bilder, welche Möglichkeiten boten, auf die der Archäologiefilm geradezu gewartet hatte. Erstaunte zunächst deren technische Leistung, so waren die immer gleichen Mittel schnell enervierend. Aussehen und Verwendung wurden daher bereits im Symposium ab 1996 kritisch behandelt und 1998 im Band „Archäologie und Neue Medien“ publiziert. Inzwischen sind technisch höherwertige Programme verfügbar und Gestaltungsformen gefunden worden, die sich in den Film gut integrieren und zu recht Aufmerksamkeit erregen. Eine neue Erscheinung unter den Mitteln, Vergangenes lebendig zu machen und den Zuschauer zu unterhalten, sind die vielen Re-enactment Szenen. Im Rahmen unserer permanenten Medienkritik wird ihre Funktion im diesjährigen Symposium untersucht. Die Referate sind in das Programm integriert und bieten gerade jüngeren Wissenschaftlern eine geeignete Plattform für ihre Forschungen; die zweisprachige Drucklegung eröffnet zugleich größere Publizität, vgl. den Band „Funde, Filme, falsche Freunde – Der Archäologiefilm zwischen Profit und Propaganda“, Kiel 2003. Ob die diesjährigen Referate zum Thema „Die Moorleiche im Gegenlicht – Große Gefühle im Archäologie-Film“ gebunden werden erscheinen können, ist aus finanziellen Gründen allerdings äußerst fraglich.
Die vom Kieler Künstler Uve Rys gestalteten Preise folgten einer konzeptionellen Linie und wurden jeweils individuell angefertigt; in einer Festival-Rezension im „Kameramann“ wurden sie extra herausgestellt. Die Trailer stammten vom Trickfilmer Michael Zamjatnins und dem Komponisten Thilo v. Westernhagen und haben Prädikate der Filmbewertungsstelle der Länder in Wiesbaden erhalten (Kat. 1998, S. 56ff.). Leider haben wir aus finanziellen Gründen seit 2002 keine mehr anfertigen lassen können.
1996 haben wir eine eigene Ausstellung zum 100jährigen Geburtstag des Kinos unter dem Titel „camera obscura – Laterna magica – Kino“ im Stadtmuseum Warleberger Hof gezeigt und 1998 in der Kunsthalle eine kleine Auswahl mit Werken von Rolf Simon-Weidner unter dem Motto „Abdruck – Eingriff“ installiert. Fortan blieb die künstlerische Auseinandersetzung mit Wesenszügen der Archäologie sogar im Titel bestehen: Archäologie-Film-Kunst-Festival.
Im Jahre 2000 erschien dazu die als Diplomarbeit von zwei Absolventen der Muthesius-Hochschule gestaltete Broschüre „Sichtweisen zu Archäologie – Film – Kunst“, die mein erweitertes Verständnis von Archäologie anschaulich machte; Anreiz zum Nachdenken über Zeit, Raum, Material und Darbietungsformen bietet die diesjährige Installation von Raffael Rheinsberg „Die Zeit vor der Zukunft“. Die Festivalzukunft aber ist trotz des Rufs nach Interdisziplinarität ungewiss: Förderrichtlinien und Sponsorenprofile verbieten in der Regel Grenzüberschreitungen, und die Universität findet wohl hinfort keine Möglichkeit zur verwaltungstechnischen Einordnung. Angesichts dessen gelten die im Kat. 2000, S. 14f. formulierten Ziele und Charakteristika von CINARCHEA weiterhin. Ich bedanke mich daher hier noch einmal nachdrücklich bei allen, die bisher dieses in Deutschland einmalige Festival unterstützt haben. (Kurt Denzer, Leiter der AG Film der CAU und des Festivals CINARCHEA)