Mai-Highlights im Kieler KoKi
Film des Monats – mit dem Evangelisch-Lutherischen Kirchenkreis Kiel:
Birkenau und Rosenfeld / La petite prairie aux bouleaux
Marceline Loridan-Ivens. F/D/Pl 2002. 90 Min. OMU. mit Anouk Aimée, August Diehl
Die Filmemacherin und Reporterin Myriam nimmt an einem Treffen von KZ-Überlebenden in Paris teil und gewinnt bei einer Verlosung ein Fahrrad, tauscht es aber gegen eine Reise nach Krakau. Durch das ehemalige Ghetto Kaziemirz geht es ins nahe gelegene Auschwitz. Myriam schleicht in ihre Vergangenheit. Sie trifft den jungen Fotografen Oskar. Gemeinsam streifen sie durch das ehemalige KZ. Erinnerungen werden wach, Alltagsszenen kehren zurück, als sie ihre alte Baracke, sogar ihre Pritsche wiederfindet. Myriam soll damals an der Aushebung der Gruben für Verbrennungen beteiligt gewesen sein, als die Krematorien nicht mehr ausreichten. Aber sie hat keinerlei Erinnerung daran. – Marceline Loridan-Ivens, 1928 geboren, lebte von 1940 bis 1943 in einem provenzalischen Dorf. Ihre ganze Familie war Mitglied der Résistance. Mit ihrem Vater wurde sie nach Auschwitz-Birkenau deportiert. Er wurde ermordet, sie kam 1945 zurück. Nach einem Besuch in Birkenau 1991 begann sie mit den Arbeiten zum Film. “In dem Drehbuch ging es mir nicht darum, die Vergangenheit wieder lebendig werden zu lassen, sondern der Suche im Erinnern ihren Stellenwert einzuräumen.” (Marceline Loridan-Ivens)
21.-23.5., 20.00; 24.5., 18.15; 25.5., 20.30
Kulturelle Filmförderung S.-H. und Kommunales Kino laden ein:
8. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide
Vom 14. bis 16. Mai findet das 8. Filmfest Schleswig-Holstein Augenweide statt. Präsentiert werden wieder Dokumentar- und Spielfilme im Kurz- und Langformat. Mit einem Auswahlprogramm ist diesmal das One World International Film Festival, Prag, zu Gast.
14.- 16.5. (Programm vgl. in eigenem Artikel)
Mit dem “Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus – Kiel”:
Die Rollbahn
Malte Rauch, Bernhard Türcke, Eva Vossen. D 2002. 87 Min.
Als Etta Benet und Silvia Lowy im November 2000 auf dem Flughafen Frankfurt/Main eintreffen, war nicht vorgesehen, dass das Flugzeug auf der ersten der drei Rollbahnen landet. Sie und 1.700 weitere ungarische Jüdinnen sollten 1944 als Zwangsarbeiterinnen der Baufirma Züblin für Hitlers erstes Düsenflugzeug Me-262 die Betonpiste bauen. Die jüngste von ihnen war 13 Jahre alt, die anderen 16, 18, 28 … – alle kommen im Viehwaggon aus dem KZ Auschwitz. Im Winter ’44 stehen die Baustelle und das Arbeitslager unter Bombardement der Alliierten. Das Bauvorhaben wird abgebrochen, die Frauen kommen in das KZ Ravensbrück. Die Rollbahn wird später von den Amerikanern zu Ende gebaut. 30 Jahre lang wird über das Lager und seine Insassen nicht gesprochen. Bis 1975 drei junge Männer bei einem Besuch im KZ Buchenwald den Namen ihres Dorfes finden. Sie recherchieren auf eigene Kosten. Da sie Kommunisten sind, werden ihre Ergebnisse als “DDR-Propaganda” abgetan. Anfang 1980 bringt eine Stadtarchivarin – die gegen die Startbahn West aktiv ist – den Stein wieder ins Rollen. So kommen die 19 überlebenden Jüdinnen erneut an den Ort ihrer Sklavenarbeit.
6., 10., 12.5. jeweils 18.30; Am 10. anschließend Gespräch mit einem der Protagonisten von 1975.
Kurz und Gut. Kurzfilmpreise der Wüstenrot Stiftung
Auch 2003 zeigte der europäische Filmnachwuchs beim Kurzfilmfestival an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg seine neuesten Produktionen. Die prämierten und lobend erwähnten Arbeiten werden in einer Filmrolle auf die Reise geschickt: Das 91-minütige Programm mit fünf Filmen aus England, Schweden und Deutschland präsentiert sich auch dieses Jahr wieder ideenreich, phantasievoll und auf hohem handwerklichen Niveau.
20.5., 20.30
Zur Diskussion:
Die Passion Christi
Mel Gibson. USA 2004. 127 Min. OmU. Mit James Caviezel, Monica Bellucci
Mel Gibsons Geißelungs- und Kreuzigungsdrama stieß in den USA auf hohe Resonanz: In den Kinos schnellte er sogleich auf den vordersten Platz der Einspielrekordliste, die christlichen Kirchen dort melden steigende Mitgliederzahlen, und der Absatz der Merchandise-Devotionalien (z.B. Kreuzigungsnägel) floriert. Hierzulande eilte dem Film schon vor seinem Start eine erregte Debatte voraus, in der vor allem seine Funktionalisierbarkeit für antisemitische Haltungen, die Aussparung des eigentlichen Erlösungswerks und die Gewaltdarstellung thematisiert wurden. Meldungen darüber, dass Gibson von seinem Geld eine kleine Gemeinde unterhält und dort Messen nach dem so genannten tridentinischen Ritus lesen lässt, dass er während der Dreharbeiten Messfeiern abhalten ließ und dass die drastische Illustration der Martern in einem besonderen liturgischen Funktionszusammenhang mit den Riten jener spezifischen Glaubensauslegung steht, luden zusätzlich zu Spekulationen über die tiefere Bedeutung des Films ein. Das Kommunale Kino nimmt diese Diskussionen auf: Am 27. Mai debattiert ein Podium aus Theologen und Medienwissenschaftlern mit dem Publikum über die Positionierung des Films zwischen Inbrunst und Wahn, zwischen Gewaltpornografie und Läuterung, zwischen wortgetreuer Bibelverfilmung und tendenziöser Manipulation. Zu Gast u.a.: Prof. Dr. von Bendemann (CAU), Pastor Liß-Walter, Prof. Dr. Jan-Oliver Decker (CAU).
27.5., 20.00 (mit Diskussion); 28.5., 18.30
Stummfilm-Konzert – mit Piano Meets Vibes:
Menschen am Sonntag
Robert Siodmak, Edgar G. Ulmer. Kamera: Eugen Schüfftan. D 1929. Ca. 80 Min
1929 fassen die Filmverrückten und wenige Jahre später weltberühmten Filmemacher Robert Siodmak, Billie Wilder und Edgar Ulmer (Zinnemann und Schüfftan kamen später hinzu) den Plan, davon zu erzählen, was vier junge Berliner am Sonntag erleben: faulenzen, baden, streiten, verliebt sein und – verschlafen. In seinem leichtfüßigen Inszenierungsstil, in der Spontaneität der Laiendarsteller und dem authentischen Flair der Originalschauplätze wurde der Film zum wegweisenden Werk, das den poetischen Realismus der 30er und den Neorealismus der 40er Jahre beeinflusste. – Das renommierte Kieler Duo “Piano Meets Vibes” schuf gemeinsam mit Saxofonist Jens Tolksdorf eine Komposition, die wunderbar die Zeitlosigkeit des Berlinporträts unterstreicht.
22.-23.5., 20.00
Mit Muthesius-Hochschule:
Wissenschafts- als Experimentalfilm
Inwieweit können Wissenschaftsbilder auch die abstrakten Erkenntnisse der neuerer Theoriebildungen beispielsweise in der Mathematik visualisieren? Früher endete die bildliche Darstellung exakter Daten und Fakten meist zwischen den x- und y-Achsen kartesischer Koordinatensysteme. Seit die Wissenschaft jedoch das mechanistische Weltbild abgeworfen hat und u.a. komplexe dynamische Systeme betrachtet, bewegen sich auch ihre bildlichen Darstellungen auf ganz neuen Bahnen. Anhand von Filmbeispielen soll gezeigt werden, dass hier eine Ästhetik entsteht, die zwar vom Inhalt bestimmt und doch von der Wahrnehmung als reizvoll empfunden wird. Werner Große, Mitarbeiter am Institut für den wissenschaftlichen Film in Göttingen, leitet durch die Filme, ihre wissenschaftlichen und ästhetischen Grundlagen.
18.5., 20.30
Von Straßenbahnen, Haltestellen und Löchern – drei Kurzfilme
“Ich träum’ noch immer von der Straßenbahn”. Peter Bartelt, Helmut Schulzeck. D 1981-86. 45 Min. Mit der Nr. 4. 1985 quietschte und rumpelte sie zum letzten Mal durch Kiels Straßen: die Straßenbahn. In den Filmbildern mutet sie an wie ein Vehikel aus jenen Tagen, in denen Beschaulichkeit und Komfort mehr galten als Geschwindigkeit und Rationalisierung … Zufälle – Abfälle. Kurt Denzer. D 1962. 5 Min. Beobachtungen an einer Haltestelle. www.betreuteLoecher.de. Helmut Schulzeck. D 2002. 15 Min. Dokuflage über eine Lochforscherin, die ihre Leidenschaft an zu betreuende Löcher verloren hat. Drei Beispiele ihrer Lochfunde in Kiel, Berlin und an der Nordsee werden von ihr in dieser kleinen Dokumentation vorgestellt.
5.5., 19.00