Highlights im Kieler KoKi im Dezember/Januar
Niederländische Filme auf Tournee durch die KoKis
Die Filmszene der Niederlande ist selten so kreativ und lebendig wie in den letzten Jahren und überrascht in ihrer Vielfalt und Originalität. Die Entdeckung des Himmels und Karakter, die wir zuletzt im KoKi zeigen konnten, haben das eindrucksvoll belegt. Trotz der Nachbarschaft finden allerdings niederländische Filme nur selten einen Verleiher und damit ihren Weg in die deutschen Kinos. Viele herausragende Werke also harren hierzulande noch der Entdeckung. Der Bundesverband Kommunale Filmarbeit präsentiert deshalb in Zusammenarbeit mit „film / spiegel“ und Holland Film aktuelle niederländische Filme auf einer bundesweiten Tournee durch die Kommunalen Kinos. Die hochkarätige Auswahl läuft in Originalfassungen mit englischen Untertiteln. Alle Werke zeugen von einem hohen technischen Niveau mit eigenwilliger Bildästhetik und bestechen durch ihre exzellente Kameraführung. Neben Debutfilmen ist mit „No Trains No Planes“ auch ein Werk von Jos Stelling dabei, einem der renommiertesten Filmemacher der Niederlande.
No Trains No Planes
(Jos Stelling. Buch Jos Stelling und Hans Heesen. NL 1999. 100 Min. OmeU. Mit Dirk van Dijck, Gene Bervoets, Ellen ten Damme)
Die Tragi-Komödie von Jos Stelling zeigt eine Kette von Ereignissen eines bestimmten Tages im Café Centraal. Es liegt am Bahnhofsplatz und ist für die meisten Leute nicht mehr als ein Ort, um auf den nächsten Zug zu warten, doch manche versuchen hier, einem Leben voller Kummer und leerer Illusionen zu entfliehen. Diese regelmäßigen Gäste bilden das Herz des Cafés, Einsame, die sich auf der Suche nach Wärme und Unterstützung einander zuwenden. Jede/r einzelne von ihnen hat eine eigene Geschichte. Als Gerard ankündigt, dass er nach Italien ziehen wird, findet das normale Leben ein abruptes Ende. Er möchte sich von all seinen Freunden im Café verabschieden. Auch seinen Bruder, den er seit 20 Jahren nicht gesehen hat, möchte er treffen. Zur Überraschung aller stellt sich heraus, dass Gerards Bruder der berühmte Schlagersänger Mario Russo ist. Der Tag wird ein unerwartetes Ende nehmen. Stelling, bekannt geworden mit „Der Weichensteller“ und „Der Illusionist“, erzählt in präzise inszenierten Bildern vom Wunsch nach Liebe und Aufmerksamkeit und den Schwierigkeiten, sie zu bekommen.
Mo 15.12., 20.30
Îles Flottantes
(Nanouk Leopold (Regie und Buch). NL 2001. 82 Min. OmeU. Mit Maria Kraakman, Halina Reijn, Manja Topper)
Kaat verlässt Max am Tag nach ihrem dreißigsten Geburtstag und zieht zu ihrer Freundin Sascha. Kaat befindet sich in einem Dilemma. Sie ist schwanger und weiß nicht, wer der Vater ist, Max oder Christophe, der Freund ihrer Freundin Isa. Obwohl Sascha und Isa ihr selbtsamens Betragen misstrauisch beobachten, bleibt Kaat ruhig und arrangiert eine Abtreibung. Als sich herausstellt, dass Kaat gar nicht schwanger ist, beichtet sie Sascha alles und beschließt, zu Max zurückzukehren. Aber der kann nicht weitermachen, als sei nichts geschehen. Im Chaos ihres Beziehungslebens riskiert Kaat, das Wichtigste zu verlieren: ihre Freundinnen. Der Debutfilm überzeugt mit seinem unprätentiösen Erzählstil und der Detailtreue, mit der er das Lebensgefühl einer Generation spiegelt.
Mi 17.12., 19.00
Film des Monats Januar – Thema Frauenhandel
Lilja 4-ever
(Lukas Moodysson. S/DK 2002. 109 Min. dt. Fs. Mit Oksana Akinshina, Artiom Bogucharskij)
Die 16jährige Lilja lebt in einer verwahrlosten Plattenbau-Vorstadt irgendwo in Russland. Ihre Mutter ist soeben Hals über Kopf mit ihrem Geliebten in die USA übergesiedelt; das Versprechen, Lilja bald nachkommen zu lassen, wird sie nicht einhalten. Lilja bleibt in einer feuchten, stinkenden Wohnung zurück, ohne Geld, allein auf sich gestellt. Verzweifelt bietet sie sich in der Disco älteren Herren an, um wenigsten das Nötigste zu verdienen. Da gleicht es einem Wunder, als sich ein junger Mann anscheinend aufrichtig in sie verliebt: Andrej, der ihr verspricht, sie mit nach Schweden zu nehmen. Aber kurz vor dem Abflug erklärt er ihr, dass sie zunächst alleine reisen muss. Der Mann, der sie dann in Schweden empfängt, ist kein wohlmeinder Freund Andrejs, sondern ein Zuhälter, der sie mit Gewalt in seine Dienste zwingt … Nach seinen sensiblen Komödien „Raus aus Amal“ und „Zusammen!“ hat Moodysson die Tonart gewechselt und legt ein erschütterndes, desillusierendes Drama vor, das sich konsequent einem Happy End oder einer irgendwie hoff-nungsspendenden Dramaturgie verweigert. – Am 5. Januar Gespräch mit Vertreterinnen des Referates für Frauen und contra – Beratungsstelle für Betroffene von Frauenhandel.
Fr 2.1. bis Mo 5.1., 20.30; Di 6.1., 18.30; Mi 7.1., 18.00
Film und Videokunst
Julia Kruse, Studentin der Muthesius Hochschule, und Michael Carstens zeigen Videoarbeiten und Installationen zum Themenkreis Identität, Sehnsucht und Suche. Ein Abend, der sich, was das Gezeigte betrifft, nicht nur auf den Kinosaal beschränken wird. Noch einmal dabei: „Don’t Imagine“ (Michael Carstens. D 2003 D: Nina Hecklau, Thomas Klees, Susanne Kopp, Sven Sonne, Arnold Stadler u.a.)
Und wir erklärten einander die Welt wie sie nicht ist. Fünf Figuren begeben sich eher unfreiwillig auf eine Reise, die sich bald als Suche nach ihrer eigenen Sehnsucht erweist und die Form eines Spiels annimmt, das jeder schnellstens verlassen möchte. Möglich wird das aber nur, indem es zu Ende gebracht wird. So beginnen die Figuren, mit ihnen der Schriftsteller Arnold Stadler, langsam die Ebene der Realität zu verlieren und kämpfen in einer säkularisierten Welt um ihr eigenes Glück. – Der Film erzählt seine Geschichte auf drei Ebenen. Einer dokumentarischen, einer visualisierenden und einer Spielfilmebene. Und er endet, wie er beginnt; mit einem Satz, der für sich steht: einmal auf der Welt und dann so -?-
Mo 12.1., 20.30
Ethnologische Filme aus China
Zusammen mit dem Institut für Sinologie der Uni Kiel zeigt das KoKi am Sonntag, dem 18.1.2004 in zwei Programmen ethnologische Filme aus China – zu Gast: Gudula Linck, Barbara Keifenheim, Yi Sicheng.
Am East Asia Institute for Visual Anthropology (EAIVA) entstanden in den letzten zwei Jahren 12 studentische ethnologische Filme, die von der VolkswagenStiftung finanziert wurden (Projektleitung Gudula Linck, Kiel) und in Südwestchina unter Anleitung der Ethnologin und Filmemacherin Prof. Dr. Barbara Keifenheim realisiert wurden. Wir zeigen eine Auswahl dieser Filme, von denen drei auf internationalen Filmfestivals ausgezeichnet wurden:
16.00 Uhr: Programm I: „Culture Show“. Rong Li (2003, 36′): Öffnung und Ausverkauf (?) eines Sani-Minderheitendorfes für den Tourismus / „Lost in the City“. Jin Xueli (2003, 23′): Kinder der Miao-Minderheit, die sich durch Schuheputzen in der Stadt Kunming ihren Lebensunterhalt verdienen. / „Herbalist Family“. Li Jiayan (2003, 27′): ein moderner chinesischer Barfußarzt.
18.30 Uhr: Programm II: „Qing, the Newspaper Man“. Yi Sicheng (2000, 35′): Identität zwischen Zeitungsverkäufer und Sonntags-Performer / „Touching Eyes“. Barbara Keifenheim (2002, 45′): Eine blinde Chinesin und eine kulturblinde Ausländerin – die Filmemacherin selber – entdecken gemeinsam die Stadt KunMING.
So 18.1., 16.00 u. 18.30
Premiere – gefördert von der Kulturellen Filmförderung S.-H.
Fett – Von Walen und Menschen
(Karl Dahmen (Buch u. Regie). D 2003. Kamera: Thomas Buchholz, Dr. Wolfgang Frank (historisches Bildmaterial), Schnitt: Matthias Meyer. 29 Min.)
Die „Jan Wellem“ aus Wesermünde war eines jener industriellen Fangschiffe, mit denen die kommerzielle Waljagd im Deutschland der Vorkriegsjahre wieder aufgenommen wurde. Ausgebildet von norwegischen Profis erlegten deutsche Walfänger zwischen 1936 und 39 bis zu 15.000 Großwale im Südpolarmeer, die noch auf See in billige Schmier- und Brennstoffe verarbeitet wurden. – Der Kieler Filmemacher Karl Dahmen berichtet in Zeitzeugeninterviews und historischem Filmaufnahmen ohne Sentimentalität von diesem blutigen Industriezweig, der für viele der Beteiligten vor allem eins war: ein großes Abenteuer. Der Film wurde von der Kulturellen Filmförderung S.-H. gefördert.
Mo 26.1., 19.00