Nordische Filmtage Lübeck 2003
Informativ und spannend nacherzählte Geschichte
(Die Verschwörung – Aufstieg und Fall des Salvador Allende, D 2003, 65 Min., Beta SP, Michael Trabitzsch)
Autor und Regisseur von “Die Verschwörung – Aufstieg und Fall des Salvador Allende” Michael Trabitzsch sagt in einem Arte-Interview über den Sturz Allendes, dass “Chile und speziell die Konstellation des Putsches etwas enthalten, was sich nur vergleichen lässt mit einer Art von Shakespeare-Tragödie: Die handelnden Akteure an diesem Putsch sind alle untereinander namentlich bekannt; es ist eine begrenzte Zahl von Akteuren, die zum Teil die Schule miteinander absolviert haben, deren Familien über lange Zeit befreundet waren. Das gilt für eine große Zahl von Gegnern bis hin zu Todfeinden von Allende. Diese Konstellation ist relativ einmalig.”
Salvador Allende versuchte Anfang der 70er Jahre demokratisch den Sozialismus in Chile aufzubauen. Er scheiterte an den Hegemonialansprüchen der USA-Regierung unter Nixon besonders in Südamerika, an Wirtschaftsinteressen amerikanischer Großkonzerne wie ITT, Pepsi Cola, der wirtschaftlichen Elite und dem Militär im eigenen Land. Drei Jahre, nachdem Allende zum Präsidenten Chiles gewählt worden war, wird er vom Militär unter General Pinochet mit wohlwollender und tatkräftiger Unterstützung aus den USA blutig gestürzt und nimmt sich das Leben.
Trabitsch erzählt minutiös die Zeit Allendes von seiner Wahl bis zu seinem Ende nach. Ausgiebig nutzt er dazu entsprechendes Filmmaterial aus den Archiven. Familienangehörige, Freunde und Gegner, aber auch ehemalige CIA-Mitarbeiter und US-Regierungsbeamte erzählen überraschend offen und unverstellt über das damalige Experiment und sein Scheitern. Auch über ihre Beteiligung am Putsch geben seine damaligen Gegner nüchtern und unverblümt Auskunft. Trabitzsch erklärt diese auf den ersten Blick verblüffende Tatsache im oben erwähnten Arte-Interview mit dem historischen Abstand zu den damaligen Ereignissen: “Es ist jetzt 30 Jahre her, dass dieses Ereignis gewissermaßen einen Blutrausch nach sich gezogen hat, denn das, was in Chile nach dem 11. September an Mord und Folter passierte, war von niemandem erwartet worden, auch von denjenigen, die gegen Allende gekämpft haben, nicht. Es ist eine Frage der Moral, nach 30 Jahren Zeugnis abzugeben, wie etwas wirklich geschehen ist, was man tatsächlich wusste, und präzise Auskunft darüber zu geben, wie und in welcher Form man damals darin verwickelt war.”
“Die Verschwörung – Aufstieg und Fall des Salvador Allende” wird somit zu einem sehr informativen, kompakten, dicht und spannend filmisch nacherzählten Kapitel der blutigen Geschichte Lateinamerikas.
(hsch)