Dokumentiert:
Das Land verliert seine Bilder
Vertreterinnen und Vertreter der Filmkultur in Nordrhein-Westfalen wenden sich gegen die drastischen Sparpläne der Landesregierung
Das Land hat in den letzten Jahren den Handlungsrahmen der Kultur bereits bis an die Schmerzgrenze beschränkt. Es muss sich nun wieder auf einen Förderleitgedanken besinnen, der die kulturelle Versorgung auf angemessenem Niveau als Verpflichtung und Grundwert eines demokratischen Gemeinwesens ansieht. Die beabsichtige Kürzung der Landeszuschüsse im Filmbereich (im Jahr 2003 noch 660.000 EUR) wird voraussichtlich bis zu 35% in 2004 und weitere 15% in 2005 betragen. Damit reduzieren sich die Landeszuschüsse (inkl. der Kürzungen im Jahr 2003) innerhalb von drei Jahren um rund 50%. Der Umfang dieser Kürzungen verliert jedes Augenmaß und wird die kulturelle Landschaft Nordrhein-Westfalens auf Dauer beschädigen. Einige Institutionen werden ihre Arbeit einstellen müssen.
Das Argument der allgemeinen Finanzmisere kann nicht länger hingenommen werden, wenn damit Bestand und Arbeit von Filmhäusern und Festivals in Frage gestellt wird. Gerade diese Einrichtungen haben sich in den vergangenen Jahren auch durch die Vermittlung von Medienkompetenz und die Präsentation von internationaler Filmkultur jenseits des Mainstreams für junge Menschen und Schulen in Nordrhein-Westfalen hervorgetan. Es sind Einrichtungen, die sich seit vielen Jahren erfolgreich den jungen Kunstgattungen Film und Video zuwandten und sie im öffentlichen Kontext zur Diskussion stellten. Damit trugen und tragen sie nach wie vor zum Dialog lokaler und kultureller Milieus bei. Wir fordern daher die Landesregierung auf, zu einer nachhaltigen Kulturpolitik zurückzukehren; denn das Land Nordrhein-Westfalen zieht sich immer mehr aus seiner kulturellen und föderalen Verantwortung zurück. Die Zuschusskürzungen des Landes lassen keinerlei politische Idee und Perspektive mehr erkennen. Nordrhein-Westfalen droht damit seine Einzigartigkeit zu verlieren und zum filmkulturellen Ödland Deutschlands zu werden.
Die Bemerkung des Kulturministers Michael Vesper, man müsse der “Festivalitis” im Lande entgegenwirken, weisen wir zurück. Die Festivallandschaft, die bereits vor Vespers Amtsantritt bestand, weist eine gewachsene Substanz und eine starke urbane und regionale Verankerung in dem Flächenland Nordrhein-Westfalen auf. Das einzige in den letzten Jahren neu gegründete und vom Land geförderte Festival, die Ruhr-Triennale, wurde von Vesper selbst auf den Weg gebracht. Nun zeigt sich, dass diese Leuchtturm-Politik des Landes zu Lasten der Substanz zu gehen droht. Festivals, Filmhäuser und viele andere Projekte, die sich über Jahre hinweg einen zum Teil internationalen Ruf erworben haben, vor allem im Bereich Dokumentar-, Kinder- und Kurzfilm und der Frauenfilm-Festivals, werden massiv in ihrer Existenz bedroht.
- Sabine Schröder, Filmhaus Bielefeld
- Gabi Hinderberger, Blicke aus dem Ruhrgebiet, Bochum
- Silke J. Räbiger, femme totale, Dortmund
- Klaus Dieter Schneider, Filmothek der Jugend, Düsseldorf
- Erwin Michelberger, Filmwerkstatt Düsseldorf
- Werner Ruzicka, Duisburger Filmwoche
- Jennifer Jones, Feminale, Köln
- Stephan Sarasi, short cuts, Internationales Kurzfilmfestival Köln
- Jochen Bentz, Kölner Filmhaus
- Petra L. Schmitz, Dokumentarfilminitiative im Filmbüro NW, Mülheim a.d. Ruhr
- Barbara Fischer-Rittmeyer, Filmfestival Münster
- Winfried Bettmer, Filmwerkstatt Münster
- Dr. Lars Henrik Gass, Internationale Kurzfilmtage Oberhausen
22. Oktober 2003