Oktober-Highlights im KoKi Kiel
Filmreihe “Mythos Mafia”
Mafia (von sizilianisch mafiuso = arrogant, präpotent, mutig): eine von familienähnlich strukturierten Gruppen unterhaltene kriminelle Subkultur; baut im Machtvakuum schlecht funktionierender staatlicher Institutionen ihren Einfluss aus; wird nicht selten von Staatsvertretern als Gegenmacht akzeptiert; herrscht mit ungeschriebenen Gesetzen, und wo gegen die verstoßen wird, manifestiert sich eine “Rechtsprechung”, deren Symbolhaftigkeit zwar die Vollstrecker bezeichnet, aber gleichwohl unangetastet lässt.
Jene Symbolhaftigkeit ist es auch, die die Mafia zu einem attraktiven filmischen Sujet macht: In der Bildersprache des Mafia-Films kehren Riten und Symbole wieder und rufen blitzschnell ganze Handlungskomplexe auf; so etwa die sich plötzlich leerende Straße, auf der eine dunkle Limousine vorfährt; die Audienz beim Paten; der Verräter mit den “Betonschuhen” oder die Großaufnahme eines Autozündschlosses – das rituelle Handeln der Mafia ist zum populären Mythos geworden. Filme wie Coppolas “Pate”-Trilogie (1971-89) oder Scorseses “Good Fellas” (1989) schreiben diesen Mythos fort. Dagegen nähert sich das italienische Kino dem Thema Mafia gesellschaftspolitisch ambitionierter: Zu den Klassikern zählen Germis neorealistischer “Im Namen des Gesetzes” (1948) oder Rosis “Wer erschoss Salvatore G.?” (1961) und “Hände über der Stadt” (1963). In dieser Tradition steht Giordanas vielfach gelobtes Drama “100 Schritte” (2000) um den 1978 ermordeten couragierten Radioredakteur Giuseppe Impastato.
Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia
Martin Scorsese. USA 1989. 145 Min.
Henry Hill arbeitet sich vom Laufburschen bis in die innersten Kreise der Mafia hoch, bis er selbst in die Mühlen gerät und mithilfe staatlicher Schutzprogramme den Ausstieg sucht. – “Scorsese schildert die Miserabilität kleiner Gangster. Seine Protagonisten sind keine ehrenwerten Männer, sondern Killer, Schläger, Schlächter, Betrüger.”
3.10., 22.30 u. Mi 8.10., 20.30
Der Pate (I-III) – Lange Filmnacht
Francis Ford Coppola. USA 1971-1989. 176/200/161 Min.
Coppolas gewaltiges Epos über Aufstieg und Fall der Corleone-Familie und ihrer beiden “Paten” Vito und Michael in einer (sehr) langen Filmnacht! In den Pausen zwischen den Filmen stehen Stärkungen bereit: Pasta, Insalate, Chianti. Gesamtkarte: 12/14 EUR o. Einzelkarten.
4.10., 19.00
Im Namen des Gesetzes / In nome della legge
Pietro Germi. It 1948. 95 Min. dt. Fs.
Als der junge Richter Schiavi nach Sizilien kommt, sieht er sich bald gefordert, den Kampf gegen die übermächtige Diktatur der Mafia aufzunehmen. Dabei gelangt er selbst an die Grenzen der Legalität. – Germi begründete mit seinem vom Neorealismus beeinflussten Werk den italienischen Mafia-Film; und er schuf das spröde Sizilien-Bild, das für spätere Mafia-Filme zu Stereotyp werden sollte.
5.10., 20.30
100 Schritte / I cento passi
Marco Tullio Giordana. It 2000. 104 Min. dt.Fs/OmU.
100 Schritte liegen zwischen dem Elternhaus von “Peppino” Giuseppe Impastato und dem von Don Tano: Peppinos Onkel und Oberhaupt der lokalen Mafia. Als junger Mann erhebt er offen das Wort gegen die Korruption, um schließlich einen illegalen Radiosender zu gründen. Täglich lauscht nun die ganze Region gebannt Peppinos politischen Analysen. Solange Peppinos Vater noch lebt, hält Tano still. Doch als der Vater bei einem Unfall ums Leben kommt, gerät Peppino auf die schwarze Liste … Der Fall der Ermordung Impastatos ist einmalig in der Geschichte Italiens; erst nach 18 Jahren wird die Tat überhaupt zum Verbrechen erklärt, die Verurteilung der Hintermänner erfolgt 2002. Mit Giordanas Film sei das italienische Kino aus seinem politischen Dornröschenschlaf erwacht, schreibt der filmdienst über den Film, der fernab aller Romantisierung eine gleichermaßen aufrüttelnde wie aktuelle Geschichte über Courage erzählt. – Am 17.10. zu Gast: Francesco Impastato, der Cousin des Protagonisten.
9. – 15.10., 20.30, dt. Fs. / 16. – 17.10., 20.30 u. 18. – 20.10., 18.30 u. 21.10., 18.15, OmU
Meine Serie & ich – Moderation: Sven Sonne – drei Folgen
Die Sopranos / The Sopranos
David Chase, Nick Gomez, Steve Buscemi. USA 1999 ff. ca. 50 Min. je Folge.
Die Sorgen des Mafiabosses Tony Soprano: Die Tochter pubertiert, die Interessen des Sohnes sind mit “Nintendo” komplett erfasst, die Ehefrau argwöhnt eine Nebenbuhlerin, die ihrerseits mehr Aufmerksamkeit verlangt. Und dann noch die Generationskonflikte in der “Familie”. Der Hausarzt empfiehlt Tony eine Psychotherapie. Aber in einem Job, in dem verdrängte Schuldgefühle zum Handwerkszeug gehören, sind Einsichten in die eigene Seele nicht unproblematisch …
18.10., 20.30
Wer erschoss Salvatore G.? / Salvatore Giuliano
Francesco Rosi. It 1961. 120 Min. dt. Fs.
Die Chronik vom Wirken und Wüten des sizilianischen Banditen Salvatore Giuliano, der zwischen 1943 und 1950 der Schrecken seines Landes war. Rosi wirft einen Blick in das komplizierte Geflecht der Beziehungen zwischen dem Banditen, der Mafia und ihren Hintermännern; bedeutsam wurde sein Film vor allem durch den seinerzeit neuen Stil der dokumentarisch-dramatischen Wirklichkeitsrekonstruktion.
19.10., 20.30
Road to Perdition
Sam Mendes. USA 2002. 119 Min. OmU.
Winter 1931. Der 12-jährige Michael Sullivan Jr. verehrt seinen Vater Michael Sullivan Sen., der sein Geld mit mysteriösen Aufträgen für den großväterlichen John Rooney verdient. Als er durch Zufall Zeuge an einem Blutbad wird, löscht der Vorstadt-Pate die gesamte Sullivan-Familie aus. Nur Vater und Sohn können fliehen. – Mit der erfolgreichen Verfilmung des 300-Seiten-Comicromans von Max Allan Collins und Richard Piers Rayner ist das ehemals verrufene Mafia-Genre im Comic zu Ehren gelangt. Britta Madeleine Woitschig, Kinokauffrau und Comic-Expertin, wird den Film mit einem Überblick über dieses Genre einleiten: “Von Dick Tracy bis Road to Perdition. Bilder der Mafia im Comic”.
22.10., 20.30
Hände über der Stadt / Le mani sulla città
Francesco Rosi. It 1963. 105 Min. OmU.
Bauunternehmer und Stadtrat Nottola sorgt dafür, dass die lukrativsten Bauaufträge ihm selbst zufallen. Als ein Bauskandal seine Karriere zu beenden droht, wechselt er die Partei und zieht als Bausenator erneut ins Parlament ein. – In langen wochenschauähnlichen Passagen porträtiert Rosi die Verstrickungen von Wirtschaft, Politik und Justiz.
26.10., 20.30
Highlights der 14. Lesbisch-Schwulen Filmtage HH
Auch in diesem Jahr setzen Rosa Linse – mit HAKI e.V. und mit Gästen aus dem LSF HH-Team – die Tradition mit den Highlights von den 14. Lesbisch-Schwulen Filmtagen Hamburg 2003 fort. Einige der FestivalmacherInnen präsentieren ein Potpurri aus den besten Kurzfilmen, das nur dieses eine Mal in Kiel zu genießen ist. – Kartenvorverkauf: KoKi-Abendkasse & HAKI-Büro, Westring 278, Kiel & Trau Dich-Buchladen, Holtenauer Str. 92, Kiel.
24.10., 20.30
9. Bundesweiter Aktionstag der Kommunalen Kinos: “Kunst / Bewegte Bilder / Kino”
Mit dem inzwischen 9. Bundesweiten Aktionstag erinnern die Kommunalen Kinos an die erste Filmvorführung der Brüder Skladanowsky am 1. 11. 1895 in Berlin. Wie im letzten Jahr (Schwerpunkt technologische Innovationen, Streaming, Internetformate) richtet sich der Blick wieder auf über das traditionelle Kinoerlebnis hinausweisende Tendenzen: Film findet sich inzwischen auch in Galerien, als Installation, bildende Künstler erobern sich ihren Platz im Kino. In Kiel zeigen wir die Medienkunstrolle, 20 beispielhafte Kunstvideos von den 90ern bis heute, augezeichnet beim internationalenmedienkunstpreis (www.medienkunstpreis.de), den ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie Karlsruhe) und SWR in Zusammenarbeit mit SF DRS und Arte ausrichten.
31.10., 20.30
Seminar und Filmabend mit Klaus Wildenhahn
Gefördert von der MSH und der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein veranstalten StoehrMedien im KoKi ein Seminar und Filmabend mit Klaus Wildenhahn: “Der Körper des Autoren … eine subjektive Reise in den Dokumentarfilm”, zusammengestellt von Klaus Wildenhahn, verbunden mit persönlichen Texten, von ihm live vorgetragen. Wildenhahn hat Dokumentarfilme aus sieben Jahrzehnten zu thematischen Blöcken zusammengefasst. Gesamtkarte: 50 EUR / erm. 25 EUR; Anmeldung unter stoehrundwulf@t-online.de.
Premiere: “Schnitt – Der Regisseur und die Cutterin”
Die Filme von Eberhard Fechner und seiner Cutterin Brigitte Kirsche haben Fernsehgeschichte gemacht. Der 1969 mit dem Film “Nachrede auf Klara Heydebreck” gefundene Stil revolutionierte den Dokumentarfilm: Weitgehend ohne Kommentar erzählen Menschen eine Geschichte, als säßen sie um einen Tisch vereint und nähmen sich gegenseitig das Wort aus dem Mund – ein Eindruck, der allein durch die Montage entsteht. Aus der Perspektive der Cutterin lassen Sara Fruchtmann und Konstanze Radziwill in ihrerm von der Kulturellen Filmförderung S.-H. geförderten Dokumentarfilm “Schnitt – Der Regisseur und die Cutterin”, der hier Premiere hat, die Zusammenarbeit Kirsches und Fechners wieder lebendig werden.
Im Anschluss an die Premiere (die Veranstaltung findet in Zusammenarbeit mit der Kulturellen Filmförderung S.-H. statt) zeigt das KoKi Fechners “Nachrede auf Klara Heydebreck”:
Warum tritt die zeitlebens alleinstehende, 72 Jahre alte Klara Heydebreck freiwillig aus dem Leben? Fechner, vom NDR mit einer Studie zum Thema Selbstmord beauftragt, ging den Spuren nach und lässt Polizeibeamte, den Hausarzt, Verwandte und Bekannte zu Wort kommen. Indem er die Aussagen ineinanderschneidet, kommentieren sie einander. “Ganz bewusst lasse ich den Zuschauer selber seinen Schluss daraus ziehen.” (E. F.)
6.10., 20.00