7. Filmfest Schleswig-Holstein – Augenweide
“Sonntag geht’s um alles, und mein Sohn trägt Büstenhalter!”
“Die Katze von Altona” (D 2002, Wolfgang Dinslage)
Von einem, der es lernt zu sich selber zu stehen, mag da kommen, was da wolle, handelt der 30-minütige Kurzfilm “Die Katze von Altona” von Wolfgang Dinslage, Student aus Hark Bohms Hamburger Filmemacherschmiede. Fast behäbig und für einen Kurzfilm genüsslich ausladend wird die amüsante Geschichte des Heranwachsenden Rudi Esser (Jona Mues) erzählt, der mit dem Kreuz geschlagen ist, Sohn des Präsidenten, der Torwartlegende von Altona 03 (Gerhard Olschewski) zu sein.
Esser Senior wollte 1990 aus ihm “den besten Torwart der Welt machen”, doch Rudi hatte “einfach nur Angst vor Bällen” und “beendete seine Karriere mit Eintritt in die D-Jugend”. Der beleibte Vater reagiert mit Liebes- und Taschengeldentzug. Seitdem fristet Rudi ein Schattendasein als eher geduldeter Tresengehilfe im Vereinsheim. Eines Tages entdeckt er seine Affinität zu Damenunterwäsche und wird beim heimlichen Tragen dieser von einem Vereinsfreund des Vaters beobachtet. Die Katastrophe scheint ihren Lauf zu nehmen. In der maskulinen Fußballwelt mit all ihrer miefigen Enge kleinbürgerlicher Provinienz bleibt Rudi das Verhängnis nicht erspart, vom Vater zur “Schwuchtel” abgestempelt zu werden. Erlösung soll ein vom Vater erkauftes heterosexuelles Abenteuer mit der jungen Anja (Jenny-Marie Muck) bringen. Doch alles kommt ganz anders als von den Altkickern geplant. Ermutigt durch Anja, die Herz und Verstand zusammennimmt, findet Rudi in der tiefsten Bredouille zu sich selbst und rettet sogar Altona 03 vorm Abstieg in die absolute Bedeutungslosigkeit – dank seiner Unterwäsche.
Träumt eher von Büstenhaltern als von Bällen – Rudi Esser (Jona Mues)
Das im Stil des traditionellen Erzählkinos, aber mit Augenzwinkern gestaltete satirische Spiel mit den Geschlechterrollen und dem Vereinsleben in der Fußballwelt gewann den Kurzfilmpreis des 7. Filmfestes Schleswig-Holstein Augenweide. (hsch)
“Die Katze von Altona”, D 2002, 35mm, 30 Min., Regie: Wolfgang Dinslage, Buch: Marc Blöbaum, Kamera: Kay Rostázy, Schnitt: Rudi Heinen, Produktion: Sören Hüper, Darsteller: Jona Mues, Jenny-Marie Muck, Gerhard Olschweski u.a., eine Produktion des “Filmstudiums der Universität Hamburg”.