ULR-Medienrat gibt grünes Licht für norddeutsches DVB-T-Einstiegsszenario
„Der ULR-Medienrat setzt sich weiterhin für eine rasche Einführung von DVB-T (digitales Fernsehen, empfangen mit Antenne) in Schleswig-Holstein ein. Er begrüßt das von ARD/NDR, ZDF, RTL und SAT1/PROSIEBEN dafür gemeinsam neu entwickelte Startszenario.“ Dieses Fazit zog der Vorsitzende des ULR-Medienrats, Ekkehard Wienholtz, am Ende einer zweitägigen Wochenendklausur, zu der der Medienrat auch externen Sachverstand aus den Bereichen DVB-T-Technik und -Programm beigezogen hatte. Das neue Einstiegsszenario, das den gesamten norddeutschen Raum umfasst, sieht u.a. eine Einstiegsinsel Hamburg/Lübeck/Neumünster/Itzehoe mit voraussichtlichem Starttermin Anfang 2005 vor. In den Planungen enthalten ist auch eine DVB-T-Insel Kiel/Schleswig, die sich aus frequenztechnischen Gründen allerdings erst anschließend umsetzen lässt.
Vorbehaltlich der noch erforderlichen nationalen und internationalen Frequenzkoordinierung, der Sendernetzplanung sowie den daran anschließenden Kostenkalkulationen erlaubt das neue Einstiegsszenario am Ende sechs so genannte Bedeckungen, mit denen insgesamt 24 Fernsehprogramme in digitaler Technik ausgestrahlt werden können. Sie werden nach heutigen Erkenntnissen mit der Dachantenne über die Startinsel hinaus in einem Großteil Schleswig-Holsteins empfangbar sein, portabel und mobil aber nur innerhalb der Startinsel.
Wienholtz wies ferner darauf hin, dass zur Zeit noch eine Reihe von Fragen offen seien, so z.B. auch die aus Sicht der Landesmedienanstalten besonders bedeutsame Frage der Einbindung der verschiedenen Regionalprogramme in das norddeutschlandweite digitale Sendernetz. „Diese Frage ist im weiteren Verfahren in enger Abstimmung insbesondere auch mit den norddeutschen Landesmedienanstalten zu klären.“ „Insgesamt kommt es jetzt darauf an, dass Landesmedienanstalten, private und öffentlich-rechtliche Veranstalter, Netzbetreiber und Politik bei der Umsetzung des Startszenarios eng und konstruktiv zusammen arbeiten, um der Sache zum Erfolg zu verhelfen“, ergänzte der Direktor der ULR, Gernot Schumann.
Weiter Zweifel am Markterfolg von DAB
Erneut bekräftigt hat der Medienrat in seiner Klausurtagung seine kritische Haltung gegenüber der digitalen Hörfunktechnik DAB. Er bezweifelt, dass sich DAB erfolgreich auf dem Markt einführen lässt. „Eine nunmehr bereits mehrjährige Praxisphase hat gezeigt, dass weder Hörfunkveranstalter und Inhalteanbieter noch Publikum und Geräteindustrie der neuen Technologie zu einem Durchbruch verhelfen konnten. Die Radiohörer können bei DAB derzeit keinen programmlichen Mehrwert entdecken. Warum sollten sie daher die vielen UKW-Radios in den Haushalten gegen neue und teure DAB-Empfänger austauschen?“ so Wienholtz.
Weiter verwies Wienholtz darauf, dass private Rundfunkveranstalter bei DAB nur mithalten könnten, wenn sie dafür – wie der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Rundfunk – subventioniert würden. Möglicherweise könnte dazu der von den Landesmedienanstalten bei den Ministerpräsidenten ins Gespräch gebrachte „Digitalisierungsfonds“ einen Beitrag leisten. Dies setze aber nach Auffassung des Medienrats eine klare und rasche Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz voraus. „Trotz aller Skepsis wird die ULR jedoch ihrer gesetzlichen Pflicht entsprechen und die ihr für den privaten Rundfunk zugeordneten DAB-Übertragungskapazitäten öffentlich ausschreiben“, erklärte Wienholtz.
Die ULR beabsichtigt, Übertragungskapazitäten für zwei private digitale Hörfunkprogramme bereit zu stellen. Der Medienrat hat in Aussicht genommen, in seiner Maisitzung abschließend über die Ausschreibung zu beraten. Wienholtz machte dabei jedoch deutlich, dass die ULR mit der Ausschreibung keine Verpflichtung eingehen werde, den Aufbau der für DAB erforderlichen technischen Infrastruktur finanziell zu fördern. Angesichts der hohen Förderungssummen, die in den letzten Jahren in den anderen Bundesländern investiert worden sind, ohne DAB zum Durchbruch verholfen zu haben, erscheine ein weiteres Subventionieren von DAB zum gegenwärtigen Zeitpunkt wenig sinnvoll. „DAB muss sich am Markt bewähren und allein den Durchbruch schaffen“, so Wienholtz.
Hintergrund der von der ULR in Aussicht genommenen Ausschreibung ist eine Vereinbarung von NDR, DEUTSCHLANDRADIO und ULR, die vom Schleswig-Holsteinischen Landtag bereit gestellten Frequenzen für insgesamt sieben digitale Hörfunkprogramme zu nutzen, von denen der NDR drei, DEUTSCHLANDRADIO zwei und private Anbieter zwei veranstalten sollen. Diese Vereinbarung gilt bis Ende 2007. Dazu der Direktor der ULR, Gernot Schumann: „Wegen der unsicheren Zukunftsaussichten für DAB auf dem Hörfunkmarkt und der hohen Kosten im analog-digitalen Parallelbetrieb hat die ULR von den insgesamt zur Verfügung stehenden DAB-Übertragungskapazitäten nur ein kleines Kontingent übernommen. Wenn DAB bis 2007 den Durchbruch schafft, werden die Karten neu gemischt, damit der private Hörfunk dann noch mindestens ein weiteres Hörfunkprogramm ausstrahlen kann.“
(nach einer Pressemitteilung der ULR)