Perfektionierung der Lüge
Confessions of a dangerous mind (George Clooney, USA 2002)
Eine letzte Idee für ein TV-Spiel hat Chuck Barris (Sam Rockwell) am Ende noch: „The Old Game – Zwei Alte erhalten jeder eine Pistole und erzählen sich, was von ihren Lebensträumen geklappt hat und was nicht. Gewinner ist, wer sich danach NICHT das Gehirn wegschießt. Er bekommt einen Kühlschrank.“ Zynismus pur, aber die groteske Wahrheit über den US-TV-Spielshowmarkt. George Clooney, selbst ein Kind von TV-Journalisten und damit an der Seite des zwiespältigen Mediums aufgewachsen, erzählt die Geschichte des erfolgreichen TV-Spielshow-Erfinders Chuck Barris, der in seinem zweiten Leben als CIA-Killer 33 Auftragsmorde beging, auf bitterböse Weise. Statt einer Satire ein Agententhriller – das Drehbuch stammt von Charlie Kaufman („Being John Malkovich“), der schon im ebenfalls im Berlinale-Wettbewerb antretenden Film „Adaptation“ das Medium entsprechend durch den zynisch-kritischen Wolf gedreht hatte.
Auf den ersten Blick scheint Chuck Barris‘ Doppelexistenz in Glamour und Undercover unvereinbar. Doch Clooney und Kaufman führen uns auf eine andere Fährte: Agent und TV-Star haben Vieles gemeinsam: In beiden Bereichen geht es um die Perfektionierung der Lüge, um die Ästhetik des Betrugs. Während „Adaptation“ die Frage nach dem wahren Kern der Lüge als Komödie stellt, finden wir in den „Confessions of a dangerous mind“ gleichsam die tragische Umsetzung des Themas vor.
Wenn Barris sich mehr und mehr im Undercover-Netz aus Misstrauen und Hintergehen verheddert, steigt er im anderen Teil seines Lebens die Erfolgsleiter immer höher; um den Preis, dass die Spielshows immer niveauloser und menschenverachtender werden. Der Film zeigt so eine Figur, die den Halt verliert, eben weil sie sich den Boden unter den Füßen kontinuierlich selbst wegzieht.
Bewusst charakterloser Lächler – Sam Rockwell
Sam Rockwell spielt diesen Charakter, der immer charakterloser werden muss, um im Showbiz wie an der Agentenfront zu überleben, überzeugend in seiner Entwicklung, lässt die Lächlerzüge gekonnt irr im Gesicht entgleisen und hat somit den Silbernen Bären für den besten männlichen Darsteller unbedingt verdient.
Gorge Clooney debutiert als Regisseur nicht minder prominent, doch als Barris‘ verschlagen zurückhaltender „Führungsoffizier“ Jim Byrd bleibt er dem Zuschauer weit eindringlicher im Gedächtnis denn als Architekt der Szenerie. Vielleicht, weil „Confessions of a dangerous mind“ dann doch wieder auf die Hollywood-Meriten schielt, die der Film eigentlich kritisiert. (Gudrun Lübker-Suhre)