Moderne trifft auf Tradition

Madame Brouette (Moussa Sene Absa, Kan./Senegal/Fr. 2002)

“Madame killed her no good husband”, verkündet die Moritat am Anfang lakonisch. Mati (Rokhaya Niang) hat ihren nichtsnutzigen Gatten Naago (Aboubacar Sadikh Bâ) erschossen, als der betrunken von einer Festivität in die heimatliche Hütte taumelte. Rückblende: Mati, die sich als Madame Brouette mit einem Trödelkarren auf dem Markt über Wasser hält, hat ein ausgeprägtes Gerechtigkeitsempfinden. Als ihre Freundin Ndaxté (Kadiatou Sy) von deren Mann misshandelt wird, nimmt Mati sie bei sich auf und die beiden verfolgen nunmehr ohne Männer mit Pascha-Ansprüchen im Nacken ihren Plan einen Imbiss zu eröffnen. Matis Geschäftssinn schreckt dabei auch vor Schmuggel nicht zurück. Beim Verhör auf der örtlichen Polizeistation weiß sie den korrupten Polizisten Naago zu bezirzen, wird ihn dann aber so schnell nicht wieder los – bis zum finalen Schuss.

Befreiender Schuss? – Madame Brouette

Warum hat sie das getan, scheint der Film am Anfang zu fragen und nimmt sich viel Zeit für die Antwort. Regisseur Absa zeichnet quasi-dokumentarisch ein Gesellschaftsgemälde aus dem Senegal. Moderne und Tradition treffen hier ebenso aufeinander wie die moderne, sich emanzipierende Frau und der Mann, der Frauen nach wie vor als Besitz und Objekt sieht, mit dem er nach seinem Willen umspringen kann. Sehr deutlich nimmt Absa Partei für seine Protagonistin Mati, selbst der Polizeichef zeigt am Ende Verständnis für Matis Schuss. Solches “Happy End” wirkt fast märchenhaft. Man könnte aber auch sagen, es ist eine positive Utopie, wenn auch so karnevalistisch überzeichnet wie Naago im Frauenkostüm in seine letzte Stunde stolpert.

Es geht in diesem Film um Respekt. Und weil ihn die Männer gegenüber den wenn auch nicht immer starken, so doch sehr schlauen Frauen vermissen lassen, ganz verhaftet der Tradition, machen sie eine schlechte bis groteske Figur. Eine Gesellschaft ist hier im Umbruch und Absas eindeutige Position einnehmender Blick wirkt fast ein wenig zu geschult an europäischen Wertvorstellungen. Dennoch: Ohne moralischen Zeigefinger gelingt ihm ein vielfach auch sehr humoriger Film, dessen moritatenhafte Lieder (Musik: Majoly, Serge Fiori, Mamadou Diabaté) von der Jury mit einem Silbernen Bären für die beste Filmmusik ausgezeichnet wurden. (Gudrun Lübker-Suhre)

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