„Emote your remote!“
Teknolust (Lynn Hershman Leeson, USA/D 2002)
Rot, Grün und Blau sind die Farben, aus denen sich die virtuellen Welten des Screens zusammensetzen, Ruby, Marinne und Olive sind die geclonten Wiedergängerinnen der Genwissenschaftlerin Rosetta Stone. Lynn Hershman Leeson, Professorin für elektronische Kunst an der University of California – und Filmemacherin, erweckt alle vier in Gestalt von Tilda Swinton zum Leben, Digital Arts machen’s möglich. Zwischen den poppigen Popup-Menüs der auf der Leinwand allgegenwärtigen Computerscreens sind die drei Replikanten auf der Suche nach dem, was die „Maschine Mensch“ ausmacht, und wirken dabei so pinocchiohaft sympathisch wie einst Android Data in „Star Trek“.
Tilda-Trio beim Teknotanz – Tilda Swinton
Eine Story über eine Menschwerdung des bloß technisch Konstruierten, die ihr Spannungsmoment auch aus dem Gen(re)-Pool der SciFi bezieht. Denn zum Überleben braucht das geclonte Trio regelmäßigen Nachschub von Y-Chromosomen, die Ruby auf ihren nächtlichen Ausflügen in die reale Welt per Samenraub von „echten“ Männern beschafft. Nicht ohne dabei einen Virus zu hinterlassen, der Dr. Stones Laborkollegen Kopfschmerzen bereitet. Doch die clownesken Clone können den Virus auf Rosettas Festplatte beseitigen, die Samenlieferanten gesunden und Ruby findet am Happy End in Sandy (Jeremy Davies) sogar einen ganz realen Lover.
Der eigentliche Virus ist nämlich die Realität, die unberechenbar ist und so wenig computerisierbare Phänomene wie Kunst oder Liebe hervorbringt. Leesons Film ist eine Parabel auf die alte Kinofrage nach dem Verhältnis von Illusion und Wirklichkeit, die sich mit der Virtualität der neuen Medien verschärfter stellt. Erneut befragt sich das Medium Film selbst, indem es sich zitiert, wenn beispielsweise Ruby ihre ganz realen Verführungskünste den Liebesszenen auf der Leinwand abguckt. Andererseits ruft sie auf ihrer Website zur Realisierung des Virtuellen auf: „Emote your remote – fühle deine Fernbedienung“, säuselt sie dort durch die Drähte, „e-dream with me!“
Das könnte auch eine Aufforderung der Regisseurin sein, die mit „Teknolust“ für eine heitere Exploration der Sinne und der Sinnlichkeit plädiert, gerade in den Zeiten von deren Digitalisierung. (Gudrun Lübker-Suhre)