Fluchtlinien – Kurzfilm „Akte O“ hat Premiere
Eine Frau hastet durch die Schlucht zwischen Bücherregalen, verfolgt von der Kamera. Autos eilen dem Fluchtpunkt am Horizont entgegen, über Brücken, die über Grenzflüsse führen. Im Fluss – eine Wasserleiche …
„Akte O – Die ungelöste Frau“ nennt Friederike Rückert ihren 15-minütigen Kurzfilm, der am 29. Januar, 20 Uhr im Kieler Ostseekai (Langeland-Terminal) Premiere hat. Gefördert wurde das Projekt von der Kulturellen Filmförderung S.-H., die Premiere unterstützt die Provinzial Versicherung.
„O“ steht für Ophelia, Hamlets ertrunkene Braut, ein Motiv, das quer durch die Literatur- und Kunstgeschichte immer wieder – im buchstäblichen Sinne – auftaucht. „O“ steht aber auch für Ostsee, namentlich deren Teil in der Lübecker Bucht, durch den vor dem Mauerfall DDR-Bürger schwimmend in den Westen flohen – eine gefährliche Flucht, die für einige tödlich endete.
Rückerts Film (Drehbuch: Bodo Mahnkopf) spürt den Bildern von Frauen und Fluchten, von Ertrinken und Abtauchen in die Welt des Unwirklichen assoziativ nach. In einem Split-Screen laufen zwei Filme parallel ab, verschränken sich und gehen ineinander über. Dies geschieht motivisch oder mit Bewegungen in den Bildfenstern auf Fluchtpunkte zu.
Als Plot im Hintergrund erscheint ein junger Mann, der in Büchern, Bibliotheken, Fotos, Videos, Schaufenstern … dem Geheimnis der „Akte O“ nachspürt und bei dieser Reise, die ihn äußerlich entlang der Ostseeküste nach Stralsund führt, selbst immer tiefer in einen Strudel gerät, der Gegenwart und Geschichte, Realität und Imagination verschwimmen lässt.
Das Geheimnis der weiblichen Wasserleiche bleibt ungelöst. Bewusst, denn das Thema führt in die Untergründe und Tiefen der Seele – der männlichen, in der auch erotische Motive der unberührten und unberührbar in den Tod entrückten Frau eine Rolle spielen, wie der weiblichen, die durch die literarische Stilisierung immer wieder aufs Neue zum Opfer wird, ungelöst und unerlöst.
Rückerts Film findet dafür hoch poetische Bilder, collagiert, überblendet, deutet an, statt eindeutig zu sein. „Akte O“ ist ein lyrischer Film, der Fragen stellt, tastend und oft malerisch. (Gudrun Lübker-Suhre)
„Akte O – Die ungelöste Frau“ (D 2003, 15 Min.)
Regie: Friederike Rückert
Produktion: Friederike Rückert
Drehbuch: Bodo Mahnkopf
Musik: Torsten Pinne
Assistenz: Eva Rapp
Schnitt: Torsten Pinne und Friederike Rückert
Spezialeffekte: Torben Iversen
Kamera: Friederike Rückert, Szene 17: Ina Pirk
Storyboard: Jan Puck
Technische Assistenz: Andreas Weber
Darsteller:
Julia Hübenthal, Julia Kruse, Katja Mahnkopf, Nadine Müller, Torsten Pinne, Eva Rapp, Friederike Rückert, Andreas Weber.