Nordische Filmtage Lübeck 2002
Raffiniert pure Einfachheit
Der Mann ohne Vergangenheit (Mies vailla menneisyytä)
Aki Kaurismäkis Film „Der Mann ohne Vergangenheit“ (FIN 2002, 97 Min., 35 mm) ist der große Filmpreise-Einheimser dieses Jahres. Ob in Cannes, Ghent, Hamburg, San Sebastian oder Lübeck (Publikumspreis), überall ist dieser Film auf den Ehrenlisten zu finden.
Kein Wunder, dass jetzt auch noch sechs Nominierungen für den Europäischen Filmpreis hinzukamen. Dabei ist der Film eigentlich ein kleiner und einfacher, typisch kaurismäkisch kommt er unspektakulär daher, mit stoischen, stolzen Figuren, die durch rein gar nichts aus der Ruhe zur bringen sind, und mit lakonisch trockenem Humor, der sich jede Rührseligkeit zu verbieten scheint.
Ein Mann (Markku Peltola) kommt mit dem Zug nach Helsinki, wird kurz darauf brutal zusammengeschlagen, verliert sein Gedächtnis, und richtet sich ein bescheidenes Container-Leben in einer verwahrlosten Hafengegend neu ein. Trotzige Anspruchslosigkeit bestimmt sein Leben am Rande der Gesellschaft. Seinen neuen Freunden geht es nicht besser. Essen haben sie kaum, doch das geben sie gerne. Mal ein Bierchen, mal einen Tee aus dem Beutel, geklauter Strom für eine Jukebox, kulturelle Erbauung durch Musik von der Heilsarmee. Zu dieser gehört Irma (Kati Outinen), die selbst ein frostiges Dasein fristet und trotz ihrer prüden, scheuen Altjungfernart das Herz des Helden höher schlagen lässt. Durch sein beständiges Werben entwickelt sich ein Idyll in Müll. Gossenromantik pur, die auch nicht durch die vorübergehende unschuldige Verwicklung des Mannes ohne Vergangenheit in einen Bankraub und einen zeitweiligen Ausflug in seine frühere bürgerliche Existenz aus ihrem Gleichmaß gebracht wird. Ein absurdes Märchen, das in seiner reinen Einfachheit besticht. (Helmut Schulzeck)
Bundesstart: 14.11.