„Ein Traum von Amerika“ – Dokumentarfilm von Christoph Corves und Delia Castiñeira

Weit ist das Land in Idaho. Ein Land der großen Möglichkeiten, so hoffte es auch Wulf, ein junger Bauer aus dem Odenwald, der daheim keinen Platz mehr fand. Und so machte er sich 1955 auf, die „neue Welt“ als Farmer zu erobern. Nach harten und entbehrungsreichen Jahren hat er es schließlich geschafft und besitzt eine 1200 Hektar große Farm. Vom armen Landarbeiter zum reichen Farmer. Wulfs Traum von Amerika, dem Land in dem du alles mit deiner Hände Arbeit erreichen kannst, wenn du es nur willst, scheint in Erfüllung gegangen zu sein.

Doch so heil, wie es der 84-minütige Film „Ein Traum von Amerika“ der Kieler Dokumentarfilmer Christoph Corves und Delia Castiñeira mit Country Music und Viehauftrieb anfänglich suggeriert, geht es dann doch nicht weiter. Denn Wulf ist wie so viele seiner Nachbarn ein Opfer multinationaler Nahrungsmittelkonzerne. Nicht mehr Angebot und Nachfrage bestimmen den Preis von Kartoffeln oder Weizen und damit den Ertrag von Wulfs Arbeit, sondern eher einige wenige Firmenkonglomerate, die durch fortschreitende Fusionen immer größer, kartellähnlicher und damit marktbeherrschend geworden sind.

Wulf ging es lange Zeit gut. Vor allem mit Kartoffelanbau hatte er ein gutes Einkommen. Doch gerade an diesem Beispiel zeigt sich, wie im Musterland des Kapitalismus die Marktwirtschaft außer Kraft gesetzt wird. Es gibt praktisch für die Kartoffeln von Wulf keinen funktionierenden Markt mehr. Nach diversen Firmenzusammenschlüssen existiert nur noch ein einziger potenter Abnehmer. Und der diktiert nicht nur den Preis, sondern sucht sich Jahr für Jahr aus dem Überangebot, die ihm genehmen Produzenten aus. Sinkende Verkaufspreise decken schließlich nicht einmal mehr die Erzeugerpreise, ja Wulf bleibt sogar trotz guter Qualität auf einer unverkauften Ernte sitzen.

Wulfs Traum von Amerika ist von der Globalisierung bedroht.

„Ein Traum von Amerika“ begleitet über fünf Jahre (1997-2001) das Leben von Wulf und seiner Familie, zeigt eindruckvoll den Kampf um ihre Existenz, das Nicht-Aufgeben-Wollen, die Solidarität und Freundschaft der Nachbarn und wie trotz allem der „Traum“ Wulf allmählich zu entgleiten scheint.

Die unendliche Weite der Landschaft gewinnt für den Betrachter symbolischen Charakter. Immer wieder der Kamerablick in die Ferne auf Berge, die wie eine Verheißung scheinen. Und jedes Jahr aufs Neue sammeln Wulf und seine Leute Steine von den Feldern, was sisyphushaft anmutet. Das Ende bleibt offen, wenn auch mit einer mutmachenden Aktion von Solidarität versehen: Die Nachbarn helfen Wulf aus der finanziellen Klemme. Wieder Luft. Kurzfristig. (Helmut Schulzeck)

Premiere am Sonntag, 26. Mai, 21 Uhr im Rahmen des 6. Filmfests Schleswig-Holstein – Augenweide in der Kieler Pumpe (Haßstr. 22, großer Saal). Eine Vorführung mit anschließender Diskussion mit den Filmemachern und Vertretern aus der Landwirtschaft findet am Sonntag, 2. Juni, 20.30 Uhr im Kommunalen Kino in der Pumpe statt. Sendung am 24.6. auf ARTE.

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