Kulturelle Filmförderung unterstützt sieben Projekte mit 88.000 Euro
Das Fördergremium der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein hat für das erste Halbjahr 2002 Filmfördermittel in Höhe von insgesamt 88.000 Euro vergeben. Die Mittel wurden vom Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur und der Unabhängigen Landesanstalt für das Rundfunkwesen (ULR) bereitgestellt. Das vierköpfige Gremium, bestehend aus Dr. Ute Holl (Journalistin aus Hamburg), Katrin Schmidbauer (Freie Künstlerin aus Kiel), Stefan Prehn (Filmemacher aus Hamburg) und Sönke Lassen (Produzent und Filmemacher aus Flensburg), hat aus insgesamt 29 Anträgen sieben Projekte aus den Bereichen Produktion, Produktionsvorbereitung und Vertrieb zur Förderung ausgewählt. Das teilten das Kultusministerium, die ULR und die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein e.V. am 15. März in Kiel mit.
„Mit den sieben Förderempfehlungen erweist sich die Kulturelle Filmförderung Schleswig-Holstein einmal mehr als das qualifizierte Fördergremium des Landes, das die vielfältigen filmkulturellen Ansätze positiv aufgreift und bis zur Produktionsreife begleitet. Die Filmkultur im Lande ist besonders in der kleinen Spielform und im Dokumentarbereich stark ausgeprägt. Entsprechend liegt hier zu Recht das Schwergewicht der Förderung“, sagte Kultusministerin Ute Erdsiek-Rave.
„Die Kulturelle Filmförderung ist der regionale Gegenpol zur zunehmend globalen Filmindustrie. Sie gibt Filmemacherinnen und Filmemachern in Schleswig-Holstein, vor allem dem Nachwuchs, die Möglichkeit zum „training on the job“, sich kreativ mit Land und Leuten auseinander zu setzen, und trägt damit zum Ausbau und Erhalt einer eigenen schleswig-holsteinischen Filmkultur und insgesamt zur kulturellen Identität des Landes bei“, ergänzte Gernot Schumann, Direktor der ULR.
„Zusammen mit Projektbetreuung, Beratung und Fortbildungsveranstaltungen ist die Vergabe finanzieller Fördermittel die zentrale Aufgabe der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein. Gerade in einem Bundesland, wo die Mittel nicht siebenstellig fließen, ist es wichtig, individuelle Bedürfnisse und Möglichkeiten der Antragsteller zu berücksichtigen, um eine künstlerische Entwicklung differenziert fördern zu können. Ein jährlich wechselndes, unabhängiges Gremium aus Film- und Kulturschaffenden der Region garantiert die nötige Sach- und Personenkenntnis, um die Förderempfehlungen für Kultusministerium und ULR auszusprechen“, sagte Adolf Bollmann, 1. Vorsitzender der Kulturellen Filmförderung Schleswig-Holstein.
Folgende Projekte werden von der Kulturellen Filmförderung S.-H. gefördert:
Produktionsvorbereitung
„Die Hatvany Sammlung“
Dokumentarfilm (Digital Video)
Buch, Regie: Claudia Willke
Fördersumme: 5.000 Euro
Bei dem Dokumentarfilmprojekt „Die Hatvany Sammlung“ geht es um Fragen der Beutekunst, vor allem jedoch um die 1944 von der SS geraubte Kunstsammlung des ungarisch-jüdischen Zuckerbarons Hatvany und die dubiose Rolle, die die Bundesrepublik Deutschland und der geniale israelisch-österreichische Rechtsanwalt Hans Deutsch nach dem Krieg im Millionen-Prozess um Wiedergutmachungsgelder darin spielten.
Produktionsförderung
„Nie solo sein“
Kurzspielfilm (Super 16mm, 35mm, 8 Minuten)
Buch, Regie: Jan Schomburg
Fördersumme: 20.000 Euro
Max wacht auf, und die Welt läuft verkehrt herum, nur er nicht. Das bringt ihn in existenzielle Nöte. Aber ob vorwärts oder rückwärts gelesen, am Ende ist nur eins wichtig: „nie solo sein“.
„Die Trash-Cineasten“
Dokumentarfilm (Digital Video, ca. 45 Minuten)
Buch, Regie: Egon Bunne
Fördersumme: 15.000 Euro
Die Rückkehr der Trash-Filme der Siebziger Jahre ist sicherlich eines der erstaunlichsten Revivals aus jener Epoche.
Doch mit Hot Pants, Plateauschuhen und Schlaghosen kehren auch in Sachen Film die waghalsigen Geschmacklosigkeiten eines verrückten Jahrzehnts in die Öffentlichkeit zurück.
Der Dokumentarfilm „Die Trash-Cineasten“ will das Portrait einer Bewegung zeichnen, die trotz besorgter Gewaltdebatten einer verunsicherten Öffentlichkeit entschlossen daran festhält, die patina-besetzten Kunstblutorgien der Vergangenheit in die Spaßkultur der Gegenwart zu überführen.
„Alltagsgeschichten vom Waldhof“
Dokumentarfilm (Digital Video, ca. 75 Minuten)
Buch, Regie: Antje Hubert
Fördersumme: 11.000 Euro
Der Waldhof liegt am Stadtrand von Kiel. Eine kleine Oase, in der Frauen Zuflucht finden können, die ihr Leben nicht allein bewältigen können, weil sie geistig behindert sind.
Von solchen Orten gibt es viele in Deutschland. Doch bis zum heutigen Tag gibt es kaum Einrichtungen, die es sich zur Aufgabe machen, solche Frauen zu betreuen und zu fördern, wenn sie Mütter geworden sind.
Mitten aus dem Alltag heraus, im Erleben der Konflikte, Sehnsüchte und Sternstunden soll der Film erzählen, wie diese Frauen mit der schwierigen und gleichzeitig reichen Identität als Behinderte, Mutter und Frau umgehen und welchen Freiraum sie dafür auf dem Waldhof haben.
„Hansi Brand“
Dokumentarfilm (Digital Video, ca. 30 Minuten)
Buch, Regie: Axel Brandt
Fördersumme: 20.000 Euro
Hansi Brand ist die letzte überlebende Zeugin von Ereignissen, die die israelische Öffentlichkeit bis heute traumatisieren und spalten: Die Verhandlungen Dr. Rezö Kastners mit Adolf Eichmann und dem Himmler-Vertrauten Kurt A. Becher um das Leben der ungarischen Juden. Kollaboration oder Kampf um Menschenleben: Nach dem Kastner-Prozess von 1956 berichtet Hansi Brand zum ersten Mal umfassend über den Kampf der „Waddah“ im Budabest der letzten Kriegsjahre.
„Wo du bleibst, da bist du“
Kurzspielfilm (HDTV 24P, 35mm, ca. 15 Minuten)
Buch, Regie: Jana Marsik
Fördersumme: 15.000 Euro
Rosa (15) und Viktor (16) sind typische Jugendliche mit Träumen, Wünschen und einer diffusen Sehnsucht nach einem erfüllten leben.
Die Welten, aus denen die beiden kommen, könnten allerdings unterschiedlicher nicht sein: Rosa, aus reichem, behütetem Elternhaus, trifft während eines „Ausbruchversuchs“ – sie inszeniert sich als hartgesottenes Kid von der Straße – auf Viktor, einen Russlanddeutschen, der vor einiger Zeit mit seiner Familie nach Deutschland ausgesiedelt ist und sich seither entwurzelt und deplaziert fühlt. Er will nur eines: zurück nach Russland, aufs Konservatorium, Geige spielen.
Wie die beiden sich treffen, belügen und verlieben, davon erzählt „Wo du bleibst, da bist du“.
Vertrieb, Präsentation
„Zwanzig Minuten mit einem Engel“
Kurzspielfilm (35mm, 35 Minuten)
Regie: Radik Golovkov, nach dem gleichnamigen Theaterstück von Aleksander Vampilos
Ein Mann verschenkt scheinbar selbstlos und ohne Gegenleistung viel Geld an zwei Taugenichtse und erntet dafür statt Dank nur Misstrauen und Unverständnis. Eine Versuchsanordnung über das Gute im Menschen.
Produktion: Saskia Wegelein.
Gefördert wird eine englisch untertitelte Fassung. Fördersumme: 2.000 Euro.