Quinka Stoehrs “Jolly Juggle” hat Premiere in Kiel
Kunststücke gegen die Straßennot
Straßenkind in Kapstadt. Ein hartes Los. Obdachlos, Leben von Tag zu Tag. Existenzkampf. Eine Jugend ohne wirkliche Kindheit. Und dennoch lächeln sie einen an, wenn man sie betteln sieht. Und das Lächeln ist echt.
Quinka Stoehr erzählt von diesem Leben auf der Straße in ihrem 45-minütigen Dokumentarfilm “Jolly-Juggle – Straßenkinder aus Kapstadt auf der Bühne” eher indirekt. Anstelle von Beobachtungen des Elends auf der Straße, die es in dem Film zwar auch gibt, die aber verständlicherweise nur beschränkt mit einer Kamera offen zu machen sind, trifft der sensibel beobachtende Blick auf ein soziales Projekt mit den Straßenkindern.
Idun Hübner, eine Weiße, die in Südafrika geboren und aufgewachsen ist, seit ihrem 16. Lebensjahr aber in Deutschland lebt, veranstaltet am Stadtrand von Kapstadt nun schon zum wiederholten Male einen mehrwöchigen Zirkus-Workshop mit Straßenkindern. Dieser findet in einem Tagescenter für die Kids statt. Die Kinder lernen zu jonglieren, einfache Akrobatik, kleine Kunststücke und gehen dann mit ihrem Programm auf eine kleine Tournee. Sozial- und Psychotherapie in einen, mit Erfolgserlebnissen aber auch mit Rückschlägen. Zuneigung und -wendung im Verein mit spielerischer Förderung und Forderung der “normalen” Talente der Kinder ist das Rezept von Idun Hübner. Eine Reihe der Kinder wünscht nach diesen Sommer-Workshops wieder in einer Familie zu leben und wird erfolgreich in solchen untergebracht.
Der Film besucht zusammen mit seinen kleinen Helden ihre ursprünglichen Familien bzw. die Menschen, die sich um die Straßenkinder näher kümmern, erzählt ausschnittsweise, wie es über die Armut hinaus zu den Schicksalen der Kinder kommen konnte. Ganz unspektakulär, einfühlsam und unaufdringlich wird die Kamera zum Zeugen. Fast beiläufig in einem Gruppengespräch kommt es z.B. heraus, warum eines Tages die Vorführung überhaupt nicht klappt, die Mitglieder der Truppe müde und unmotiviert ihr “Zirkusprogramm” kaum bestreiten. Sie sind mal wieder von ihren nächtlichen Schlafplätzen auf der Straße gewaltsam vertrieben worden, wie schon so oft. Und die Polizei hat so gut wie tatenlos “zugeschaut”.
Quinka Stoehrs Film beschreibt die Dinge wie sie sind; zeigt ohne viel Aufhebens und anklagenden Impetus authentisch einen Ausschnitt der südafrikanischen Not, der Schattenseite der Regenbogengesellschaft, wie sie dort voller Stolz in den Medien immer wieder propagiert wird. (Helmut Schulzeck)
Der Film “Jolly Juggle – Straßenkinder aus Kapstadt” (Beta SP, 43 Min., D 2001) von Quinka Stoehr hat am 28.1., 20.30 Uhr im Kommunalen Kino in der Kieler Pumpe Premiere (weitere Vorführungen im KoKi: 30. und 31.1., jeweils 19 Uhr). Am 29.1., 20.30 Uhr läuft der Film im Hansafilmpalast (Kiel, Hansastr. 48). Bei den Vorführungen am 28. und 29.1. sind Quinka Stoehr und Idun Hübner anwesend.