Breitband in Bewegung

Wann kommt das digitale Fernsehen per Antenne? ULR-Direktor Gernot Schumann und ULR-Justiziar Wolfgang Bauchrowitz wollen Weichen stellen.

Die Politik hat sich entschieden. Im 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, den Heide Simonis am 20.12.2001 in Berlin unterzeichnete, wird der öffentlich-rechtliche Rundfunk „ermächtigt, seine analoge terrestrische Verbreitung schrittweise einzustellen“. Ein wichtiger Schritt zum Übergang auf digitales Fernsehen auch über Antenne.

Schon seit einem Jahr fordern die ULR und ihr Medienrat die rasche Einführung des digitalen terrestrischen Fernsehens, kurz DVB-T. Dafür gibt es im wesentlichen drei Gründe. Erstens, so ULR-Direktor Gernot Schumann, biete DVB-T das „Breitband in Bewegung“, also Fernsehen und digitale Zusatzdienste mobil an jedem Ort. Zweitens sei DVB-T auch medienpolitisch von Bedeutung. Denn es stellt eine kostengünstige Alternative zum Kabel dar, das sich derzeit im Monopolisierungssog der Liberty Media befindet. Als dritten Grund führt Schumann an: „Wenn wir Regionalprogramme haben wollen, müssen wir die terrestrische Basis halten und das geht nur über DVB-T.“

Der Weg zum DVB-T ist zwar nunmehr durch die Politik geebnet, aber immer noch steinig. Auch in der „Simulcast-Phase“, wenn die Sender das Programm parallel sowohl analog als auch digital ausstrahlen, „werden wir um harte Schnitte nicht herumkommen“, befürchtet ULR-Justiziar Wolfgang Bauchrowitz. Es gibt nämlich keine freien Frequenzen mehr „on Air“, so dass für jeden neuen digitalen Sender ein alter analoger abgeschaltet werden muss. Dabei könnte es zu Versorgungsengpässen kommen, denn mit rund 12 Prozent ist der Anteil der Zuschauer, die nur über Antenne fernsehen, in Schleswig-Holstein noch recht hoch. In Berlin soll DVB-T Anfang 2003 starten und schon im September, zur IFA, soll die Umstellung komplett sein. Die ULR ist skeptisch, ob es in Schleswig-Holstein genauso fix gehen wird. Sie rechnet nach einem möglichen Start im Herbst 2003 eher mit einem Jahr oder mehr.

Aber, so Schumann: „Je länger der Simulcast dauert, desto höher die Kosten für die Doppelausstrahlung.“ Und damit auch für die ULR: „Im Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten werden wir die privaten Programmanbieter beim Übergang unterstützen.“ Die Öffentlich-rechtlichen legen bereits seit 1997 einen Teil der Rundfunkgebühren für den Umstieg zur Seite, 176 Mio. DM waren es bis 2000, 11 Pfennig der monatlichen Gebührenrechnung. Diese Mittel wurden bislang für das digitale Radio (DAB) eingesetzt. Da aber das „Radio für Taube“ kaum jemand hört, sollen diese Mittel nun in den Aufbau von DVB-T fließen, wie die ULR und kürzlich auch Gisela Böhrk (SPD) forderte.

Auch der Zuschauer muss investieren. Zum Empfang von DVB-T braucht man eine Decoder-Box, die etwa 150 Euro kosten wird. Auf dem Boxen-Markt für Satellit und Kabel gibt es derzeit allerdings noch mehrere Standards. Die ULR, die Öffentlich-rechtlichen wie auch viele Private haben sich auf den MHP-Standard (Multimedia Home Plattform) geeinigt, den wiederum die „Set-Top-Box“ für den Empfang von „Premiere World“ nicht unterstützt. „Es ist wie früher bei Computern“, sagt Schumann, „unterschiedliche Betriebssysteme, die einander nicht verstehen.“ Die ULR fordert daher eine „Universalbox“, geeignet für Kabel, Satellit und DVB-T.

Es gibt also noch viel zu tun, bevor DVB-T die alte „Flimmerkiste“ ablösen kann, von der Technik bis zum Rechtsrahmen für die ULR, der „nachgebessert werden muss“, so Schumann. 24 Programme wird DVB-T bieten, nicht ganz so viele wie im Kabel oder Satellit, aber „ausreichend und qualitätsvoll für medienbewusste Nutzer“. (jm)

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